In einem Zeitraum von fast vierzig Jahren schafft Michael Bielicky innovative Arbeiten in den Bereichen Fotografie, Video sowie netzbasierter Installation. Die Ausstellung „Perpetuum mobile“ bietet erstmals einen Überblick über sein vielfältiges Gesamtwerk.
Die Werke Michael Bielickys stehen stets im Dialog mit den neuesten technischen Entwicklungen und führen zugleich hinein in eine medienhistorische Tiefenzeit bis hin zu den magischen mathematischen Praktiken der mittelalterlichen Kabbalisten: Es entstehen eigenwillige Hybride, die zugleich einer analogen wie digitalen Welt angehören und den Grenzbereich zwischen dem realen und virtuellen Raum ausdifferenzierend. In seinem innovativen Werk, das sich mit dem technologischen Wandel und dessen gesellschaftlichen, philosophischen und politischen Implikationen auseinandersetzt, ermöglicht der tschechisch-deutsche Medienkünstler eine kritische Beschäftigung mit dem Wesen von Technologie, dessen materiellen und immateriellen Bedeutungen sowie deren Einfluss auf unsere Wahrnehmung und unser Handeln.
Für seine kritisch-ironische Reflexion der medialen Gegenwart ist Bielickys Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie in den 1980er-Jahren ausschlaggebend: Unübersehbar ist der prägende Einfluss seines Lehrers Nam June Paik, dem Vater der Videokunst, sowie von Joseph Beuys und der gesamten Fluxus-Bewegung. Aber auch die Begegnungen und lebenslangen Freundschaften zu zentralen Figuren der Medienphilosophie und – kunst, wie Mel Alexenberg, Vilém Flusser, Norman M. Klein, Peter Sloterdijk, Woody Vasulka, Peter Weibel, oder Siegfried Zielinski sind für sein künstlerisches Schaffen wegweisend. Bielickys Streben nach einem ständigen Überschreiten und Befragen der technischen Bedingungen und ihrer tiefgreifenden Bedeutung für den Menschen und die Gesellschaft liegt noch in weiteren Quellen: In den Erfahrungen seiner Kindheit im Prag der 1960er-Jahre, wo sich eine avantgardistische Film- und Medienkultur entwickelte, die den traditionellen Filmbegriff radikal erweiterte und die Faszination des Künstlers für Film und die Transposition in andere Medien weckte, in der jüdischen Spiritualität und Kulturgeschichte sowie in der medienhistorischen Bedeutung Tschechiens insgesamt.
Seit 2005 arbeitet Michael Bielicky mit der Künstlerin Kamila B. Richter zusammen. Gemeinsam schaffen sie raumgreifende, auf einer dynamischen Piktogrammsprache basierende Netzkunstwerke, die über die Integration von Echtzeit-Daten wie Twitter oder Google News funktionieren und für die sie den Begriff der „Data-Driven Narratives“ prägten. In ihrer spielerischen und zugleich unheimlichen Ästhetik thematisieren sie auf eindringliche Weise Fragen nach dem Einfluss einer von Algorithmen ge lenkten informationellen Medienökologie auf Individuum und Gesellschaft, einem zunehmenden Ausgeliefertsein an die opaken Machtstrukturen des digitalen Raums. Bereits seit der Gründung ist Bielicky eng mit dem ZKM verbunden: Seine Videoskulptur Menorah (1989) war das erste Werk der Sammlung des ZKM, zudem war er an zahlreichen Ausstellungen beteiligt. Seit 2017 wird sein umfangreiches Medienarchiv am ZKM in enger Zusammenarbeit mit dem Künstler aufgearbeitet