Die ganze Welt ein Bauhaus

Die ganze Welt ein Bauhaus

Meyer, Hannes (Hrsg.) „studiert am bauhaus!“, bauhaus. zeitschrift für gestaltung, 2/3 1928 © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehunge

ifa-Tourneeausstellung „Die ganze Welt ein Bauhaus“ ERÖFFNUNG: Freitag, 25.10.2019, 19 Uhr Zum Jubiläum des Bauhauses reflektiert die ifa-Tourneeausstellung „Die ganze Welt ein Bauhaus“ am ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe die Bewegung und Heimstätte der Avantgarde der klassischen Moderne, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem Umbruch auf allen Gebieten der freien und angewandten Kunst und Architektur führte.

Das Staatliche Bauhaus wurde 1919 in Weimar gegründet. Die dort entstandenen Entwürfe werden bis heute produziert. Wie gelang es dem Bauhaus, zum Inbegriff einer sozialen, gestalterischen und didaktischen Radikalerneuerung zu werden? Im Oktober 2019 feiert im ZKM Karlsruhe die Ausstellung „Die ganze Welt ein Bauhaus“ ihre Deutschlandpremiere. Die Tourneeausstellung des ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) war bereits in Südamerika und den Vereinigten Staaten zu sehen. Sie bezieht Fallstudien zu den Avantgarden in Buenos Aires, Casablanca, Mexiko-Stadt, Moskau, Santiago de Chile, USA, Stuttgart und Karlsruhe ein. Dadurch wird deutlich, dass das Bauhaus keine exklusive Unternehmung war, sondern es in vielen Gegenden der Welt Avantgarden gab, die sich als Motoren einer gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Neuentwicklung verstanden.

Ahlfeld-Heymann, Marianne (zugeschrieben) Übung aus dem Unterricht “bildnerische Formenlehre” von Paul Klee
1923–1924 Zeichnung auf Papier © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen

Im ersten Teil konzentriert sich die Ausstellung auf die Jahre 1919 bis 1933 in Weimar, Dessau und Berlin: „Das Schwebende“ zeigt nicht nur, wie sich BauhäuslerInnen motivisch mit der Schwerelosigkeit beschäftigten, sondern wie Glas und Skelettbau zum visionären Entwurfsziel wurden. Das Kapitel „Experiment“ stellt Objekte vor, die sowohl das Ergebnis einer Material- und Raumforschung waren, die auf Maß, Proportion und Befragung der Materialgrenzen, aber auch auf Vervielfältigung und Serialität angelegt waren. Das „Gesamtkunstwerk“ nimmt die Synthese aller Künste, aber auch von Kunst und Wissenschaft sowie von Kunst und Gebrauchsgegenstand in den Blick. Unter der Überschrift „Gemeinschaft“ zeigen zentrale historische Objekte die Feste und das Leben am Bauhaus.

Dass das Bauhaus nicht nur linksutopisch ausgerichtet war, wird im Kapitel „Der neue Mensch“ deutlich. Hier werden Menschenbilder präsentiert, die sich auch in politisch-radikalen, weltanschaulichen Ausrichtungen bewegten. Während „Kunst, Handwerk, Technik“ die Werkstätten und ihre Produkte präsentiert, zeigt „Radikale Pädagogik“ Aufbau und Lehre am Bauhaus. Transkulturelle Bezüge werden in der Sektion „Begegnungen“ deutlich, die am Bauhaus durch Vorträge, zahlreiche Besucher und Besucherinnen aus aller Welt, völkerkundliche Bestände in der Bauhaus-Bibliothek in Weimar, aber auch durch die Suche nach neuen Formen erkundet wurden.

Tapetenfabrik Emil Rasch
bauhaus-behangsels, Werbeblatt für die Niederlande
1932
© ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: A. Körner, bildhübsche Fotografie, Institut für Auslandsbeziehungen

Der zweite Teil fokussiert das Bauhaus von seinen Rändern aus. Der Blick wechselt von Deutschland in der Zeit der Weimarer Republik auf die global agierenden Avantgarden, die in den 1920er Jahren eigene Antworten auf die Umbruchprozesse der Gesellschaft fanden. KünstlerInnen begegneten dem Bauhaus und seinen AkteurInnen aus jeweils eigener Motivation und verleibten sich Inhalte ein, um sie unter anderen Vorzeichen erneut hervorzubringen – ein transkultureller Prozess, der sich beispielsweise vor einem politisch-nationalen Hintergrund in Santiago de Chile, als Antwort auf die rasante Industrialisierung in Mexiko-Stadt oder in postkolonialer Hinsicht in Casablanca ereignete. Der Titel „Die ganze Welt ein Bauhaus“ fungierte hier als Forschungsauftrag an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die das Bauhaus und vor allem die Aneignung seiner Konzepte, Überlegungen und Verfahren in einem globalen Kontext untersuchten. Zur Ausstellung liegen eine deutsche und englischsprachige Broschüre vor. Ein Katalog erscheint in deutscher und englischer Ausgabe im Hirmer Verlag im Oktober 2019