Spektakuläres Finale für das Lahrer Residenzprogramm „Villa Jamm Artists“

Spektakuläres Finale für das Lahrer Residenzprogramm „Villa Jamm Artists“

Ensemble Aventure mit Kunst = Leben?! am Samstag, 25. September 2021 um 17:00 Uhr sowie Workshops am 19. September 2021 / 22. September 2021 / 26. September 2021. Foto Marc Doradzillo

Spektakuläres Finale für das Lahrer Residenzprogramm „Villa Jamm Artists“ – 50 Jahre Umsiedlung Langenwinkel – UA „tō bo – Libelle“ für Ensemble und Flugzeug am 2.10.21

Zur goldrichtigen Zeit und mit goldrichtigem Konzept schlug das ambitionierte Residenzprogramm Villa Jamm Artists wichtige kulturelle Pflöcke ein. Ende Mai markierte Der Barbier von SevilLahr unter Stardirigent Michael Güttler als erste Opernaufführung in Baden-Württemberg den Neustart der Live-Kultur nach dem Lockdown. Der temperamentvollen Inszenierung folgten und folgen viele weitere Highlights – alle übrigens bei freiem Eintritt. Denn noch bis Mitte Oktober geben sich in der herrschaftlichen Villa im Stadtpark von Lahr bei Freiburg insgesamt 136 Künstlerinnen und Künstler die Klinke in die Hand.
So entsteht über das Sommerhalbjahr ein Programm, das 27 Produktionen und über 100 Workshops umfasst. Bei Villa Jamm Artists treffen Kulturschaffende aller Sparten für jeweils einen Monat in einem wahrhaft außergewöhnlichen Künstleratelier aufeinander. Die Formate reichen von Konzert bis Oper, von Performance bis Installation und von Ausstellung bis sehr vielseitigen Workshops von Jodeln und Rappen bis Schweißen.
Ein Fazit lässt sich schon vor Abschluss der Villa Jamm Artists ziehen: Der psychologische Stellenwert und die Bedeutung von Live-Kultur als Mutmacher lässt sich nach dem scheinbar endlosen Pandemie-Winter gar nicht hoch genug veranschlagen. Davon zeugen die herzerwärmenden Reaktionen von Bürger*innen aus der Region ebenso wie von den vielen Kindern und Jugendlichen, die vor allem das Workshop-Programm intensiv nutzten.

Zum Finale hat sich das Villa Jamm Artists-Team um Kulturbürgermeister Guido Schöneboom und  Kulturamtsleiterin Cornelia Lanz noch etwas ganz Besonderes einfallen lassen: die musikalische  Uraufführung tō bo – Libelle für Ensemble und Flugzeug, mit einem gleichermaßen lokal- wie weltpolitischen Bezug! Denn das Auftragswerk aus der Feder der Komponistin Saskia Bladt erinnert an den geschlossenen Umzug des Dorfs Langenwinkel bei Lahr am 2. Oktober 1971 vor genau 50 Jahren, fort aus der Einflugschneise des von den vornehmlich von französischen und kanadischen NATO-Streitkräften genutzten Flugplatzes. Das Konzert findet in unmittelbarer Nähe zum Flugplatz statt, auf dem Feld beim Alten Friedhof von Langenwinkel. Als Solist buchstäblich über den menschlichen Musiker*innen sorgt ein Jet für authentischen Sound aus luftiger Höhe.

Bernd Himmelsbach. Villa Jamm Artist im Juni 2021. Foto Stadt Lahr

Samstag, 2. Okober 2021 um 11:00 Uhr, Feld neben dem Alten Friedhof Langenwinkel
50 Jahre Umsiedlung Langenwinkel
tō bo – Libelle. Uraufführung für Ensemble und Flugzeug

Lokale Weltgeschichte, globale Ortsgeschichte: Der 2. Oktober 2021 markiert ein wahrhaft außergewöhnliches Jubiläum – den Umzug des Dorfes Langenwinkel vor exakt 50 Jahren. Auslöser war der groß angelegte Ausbau des Lahrer Flugplatzes in den 50-er Jahren, unter Federführung der NATO und umgesetzt durch die dort stationierten französischen Truppen. Die Lärmbelästigung und gefährliche Nähe zur Einflugschneise stellten die Langenwinkeler zunehmend vor existentielle Probleme. Nach langen und zähen Diskussionen stimmte 1963 eine große Mehrheit der Bevölkerung für die geschlossene Umsiedlung ihres Dorfes. Gemeinsam wollten sie sich eine neue Heimat und Zukunft aufbauen – die bald auch neue Einwohner mit einschließen sollte: vor allem kanadische Soldaten mit ihren Familien.

Diesen für ihren Teilort so denkwürdigen Jahrestag feiert die Stadt Lahr am Jubiläumswochenende 2. und 3. Oktober 2021. Künstlerisches Herzstück der Feierlichkeiten ist die Uraufführung von tō bo – Libelle, einem Stück für Stimmen, E-Gitarre, E-Geige, Synthesizer, Perkussion und Flugzeug. Geboren wurde die Idee für diese Arbeit bei einer Begehung des Alten Friedhofs Langenwinkel, der unmittelbar an das Fluggelände angrenzt. Die Lahrer Kulturamtsleiterin Cornelia Lanz und die Ortsvorsteherin von Langenwinkel, Annerose Deusch, ließen sich von Karlheinz Stockhausens berühmtem Helikopter-Streichquartett inspirieren und gaben ein entsprechendes Stück bei der renommierten Komponistin Saskia Bladt in Auftrag.

tō bo, nach dem japanischen Wort für Libelle, hat Bladt ihr Jubiläumswerk genannt. Libelle steht sowohl für Abschied und Transformation als auch für das Fliegen. Entsprechend agiert der über das Publikum fliegende Jet vom Typ Embraer Phenom 300 als gleichberechtigter Solist neben den menschlichen Musikerinnen und Musikern, die in großem Abstand zueinander positioniert sind. Diese Aufstellung begünstigt ein vertikales Raum-Klang-Erlebnis und integriert den Sound von Flugzeug und Ensemble.

Probe Der Barbier von SevilLahr. Oper von Gioacchino Rossini am Freitag am 28. Mai 2021 & Samstag, 29. Mai 2021 um 17:00 Uhr mit dem Frischluft und Musik Festspiel-Orchester Ortenau unter der Leitung von Michael Güttler

Über Saskia Bladt

Saskia Bladt (*1981) besuchte die Chetham’s School of Music (Manchester) und studierte Blockflöte und Komposition an der HfMDK in Frankfurt. Ihren kompositorischen Schwerpunkt vertiefte sie von 2005 bis 2009 bei Isabel Mundry an der ZHdK in Zürich. Neben ihrer Kompositionstätigkeit tritt sie immer wieder als Regisseurin und Dramaturgin in Erscheinung. Ihr besonderes Interesse gilt der Alten und der zeitgenössischen Musik – davon zeugen zahlreiche künstlerische Kooperationen, unter anderem mit dem Zürcher Barockorchester, Ars Choralis Coeln sowie den Ensembles Ascolta, Resonanz, El Perro Andaluz und dem Zafraan Ensemble Berlin. Saskia Bladt sucht dabei stets den interdisziplinären Dialog – mit der Kunst ebenso wie mit der Wissenschaft. Gemeinsam mit der Bildenden Künstlerin Sophie von Arnim fabriziert sie seit mehr als zwölf Jahren Klangobjekte und erforscht auf diese Weise den Bezug von Materialbeschaffenheit, Klang und Optik. Die Ergebnisse dieser Arbeit präsentieren Bladt und von Arnim in Kooperation mit dem Interpreten-Ensemble tō.
Saskia Bladt bearbeitete Auszüge aus dem Ring des Nibelungen für das Projekt Wagner für Kinder der Bayreuther Festspiele 2011. Für die Ruhrfestspiele 2013 komponierte sie eine Schauspielmusik zu GAS I und II von Georg Kaiser. Darüber hinaus wurden Saskia Bladts Werke uraufgeführt bei den Münchner Opernfestspielen, dem Heidelberger Frühling, dem Lucerne Festival, beim Deutschlandfunk Köln, bei der Münchener Biennale, dem ECLAT Festival Stuttgart sowie bei SWR JetztMusik in Rottweil.
Saskia Bladt wurde ausgezeichnet mit dem Pfalzpreis für Musik 2010. Als Stipendiatin wurde sie gefördert von der Aribert-Reimann-Stiftung (2009), der Akademie Musiktheater heute (2012 bis 2014), der Villa Massimo (2015) und dem Internationalen Künstlerhaus Villa Concordia in Bamberg (2020).
Mehr unter: www.saskiabladt.com

Über das Ensemble tō

Dem Ensemble tō gehören der Schweizer Bariton Chasper-Curò Mani, die amerikanische Tänzerin Elizabeth Waterhouse, die japanische Geigerin Emily Yabe, der Schweizer Pianist Jens Fuhr, der Berliner Perkussionist Boris Bell sowie die bildende Künstlerin Sophie von Arnim aus München an. Gesangspartien als Gäste bei tō bo – Libelle übernehmen Cornelia Lanz und Kai Wessel.

Sophie von Arnim ist eine international gefragte Bühnen- und Kostümbildnerin, die sich auch als Ausstatterin und Art-Direktorin im Bereich Film einen Namen gemacht hat. Seit 2009 verbindet sie eine enge Zusammenarbeit mit der Komponistin Saskia Bladt.
Für den distinkt japanischen Touch von tō sorgt Emily Yabe. Die Violonistin gestaltete Uraufführungen bei zahlreichen Festivals und an großen Häusern, darunter das SPOR-Festival in Aarhus, TONLAGEN – Hellerau oder die Staatsoper Berlin. Über tō hinaus ist sie auch Mitglied der Ensembles El Perro Andaluz und Tempus Konnex.
Jens Fuhr studierte in Stuttgart, Karlsruhe und Zürich. Solistisch, kammermusikalisch und als Liedbegleiter gastiert der Pianist international auf Musikfestivals, außerdem unterrichtet er an der Zürcher Hochschule der Künste.
Elizabeth Waterhouse ist Tänzerin und Tanzwissenschaftlerin. Mit ihren Projekten bewegt sie sich zwischen den Sparten Performance, Tanz, Musik, Design und visueller Kunst. Als Performerin arbeitete sie ein Jahrzehnt beim Ballet Frankfurt / The Forsythe Company.
Die Verbindung von Chormusik und Musiktheater hat es dem Schweizer Bariton Chasper-Curò Mani angetan. Der preisgekrönte Sängerdarsteller leitet den Schlosschor Greifensee, den Madrigalchor Wetzikon und die Chorwochen im Waldhaus Sils Maria und in Lenk.
Boris Bell ist Komponist, Pädagoge und Schlagzeuger. Er leitet die Band 3εll, ist Schlagzeuger von Schnaftl Ufftschik und The Instincts. Er komponiert auch für Tanz und Theater, unter anderem für das Stuttgarter Ballett.
Mehr unter: www.tooperativ.com

Villa Jamm. Foto Stadt Lahr

Villa Jamm Artists: Das Programm für September und Oktober 2021 in Auszügen

Sämtliche Aufführungen open-air im Musikpavillon im Stadtpark (mit Ausnahme der Oktober-Veranstaltungen). Bei schlechtem Wetter im Parktheater.
Eintritt frei. Spenden willkommen!
Eine vollständige Auflistung würde den Rahmen der Pressemeldung sprengen. Falls Sie gründlicher einsteigen möchten: Die Broschüre mit dem kompletten Programm finden Sie hier zum Download. Auf Wunsch schicken wir Ihnen auch gerne ein Exemplar per Post.

Freitag, 24. September 2021 um 17:00 Uhr
Ulrike und Marian Kraew (Violine), Nadine Hartung (Klavier): Die Konzertmeister der Münchner Symphoniker mit den größten Geigen-Highlights
Ein musikalischer Ausflug in die Romantik: Ulrike und Marian Kraew und Nadine Hartung spannen den Bogen von Brahms, Elgar und Massenet bis hin zu Korngold und Prokofiev. Ein wahres Feuerwerk der Virtuosität entzünden sie mit sechs Charakterstücken von Fritz Kreisler sowie mit Pablo de Sarasates Navarra.

Samstag, 25. September 2021 um 17:00 Uhr
Ensemble Aventure mit Kunst = Leben?!
Scheinbar Bekanntes neu beleuchten, radikal Neues fördern – das Freiburger Ensemble hat sich mit Haut und Haaren der Avantgarde verschrieben. Zum 100. Geburtstag des Aktionskünstlers Joseph Beuys spüren sie den fließenden Grenzen zwischen Kunst und Leben nach. Gemeinsam mit Laienmusiker*innen erkunden sie den Klangraum des Alltags. Die Ergebnisse werden in einem aktionsreichen Mitmachkonzert präsentiert.

Samstag, 16. Oktober 2021 & Sonntag, 17. Oktober 2021 um 17:00 Uhr
tō mit Henry Purcell, Dido & Aeneas
Die unmögliche Liebe zwischen Dido, der Königin von Karthago, und dem Kriegsfeind Aeneas, neu erzählt und vertont von Saskia Bladt. Instrumental stark reduziert, erweitert durch Klangobjekte und fokussiert auf die menschliche Stimme, lädt das ko-kreative Ensemble ein zu einer leidenschaftlichen Seelenreise. Die Titelrolle der Dido singt einer der großen Stars der exklusiven Countertenor-Szene, Kai Wessel.

Villa Jamm Artists ist eine Veranstaltung des Kulturamts Lahr. Unser herzlicher Dank gilt unseren Sponsoren Sparkassenstiftung Ortenau, TRI-AG und EDEKA-Kohler! Ohne ihre großzügige Unterstützung wäre dieses Sommerprogramm nicht möglich.
Mehr Informationen zum Gesamtprogramm Villa Jamm Artists inklusive der Ausstellungen der Bildenden Künstler und der Workshops finden Sie auf www.kultur.lahr.de