Dabei ist Carmen keine Frau, die mit Konventionen ringt oder an ihnen scheitert. Sie selbst bestimmt das Geschehen, in ihr gestaltet der Komponist die Widersprüche von Liebe und Sehnsucht, Selbstverlust und Zurückweisung. Mit „Carmen“ schilderte bereits der Komponist Bizet einen Kampf gegen sich selbst, gegen innere Widerstände. Die Liebe erlebt die Titelheldin als unbeherrschbares, äußeres Phänomen, als „oiseau rebelle,“ – als rebellischen Vogel, der sie willkürlich anfliegt.
Diese Gratwanderung zwischen leidenschaftlicher Hingabe und Sehnsucht nach Entgrenzung ist Ausgangspunkt der musikalischen und inszenatorischen Herangehensweise der Erfolgsproduktion aus Bern. Diese bringen Stephan Märki und sein Team nun in einer eigenen Einrichtung mit den Cottbuser Ensembles und neuen Choreografien von Christina Comtesse zum Tanzen. In der eindrucksvollen Spiegellandschaft, die der bildende Künstler und Bühnenbildner Philipp Fürhofer auf die Bühne des Staatstheaters gestellt hat, bespiegelt sich Carmen in immer neuen Facetten ihrer selbst. Der einzige, in dem sie sich wiederfindet, dem sie Macht über sich zugesteht, ist der Tod, der sie in Gestalt des „Jokers“ auf ihrem lebenshungrigen Weg in den Abgrund begleitet. Doch auch die anderen Figuren tanzen als Spiegelbilder einer narzisstischen Seele auf dem Vulkan der Leidenschaft.
In die aufwendigen Tanzszenen sind auch der Opern- und Kinderchor eingebunden. Im Graben sorgt das Philharmonische Orchester für echt französisches Flair, während die Sängerinnen und Sänger sich in dieser Spezialfassung, die auf den Urtext der Oper zurückgreift, bisher unbekannte Melodien erobern und die bekannten Nummern des großen Repertoireklassikers zum Strahlen bringen. Als Dirigent übernimmt Johannes Zurl in Cottbus in dieser Saison die musikalische Interpretation von Mario Venzago.
Premiere: Sonntag, 3. Juli 2022, 19.00 Uhr, Großes Haus