„Kaufmann & Friends“ im Stuttgarter Theater der Altstadt
Am helllichten Tage ins Theater gehen? Rote Samtsitze, das Licht gedimmt – da kann man schon etwas mit den Tageszeiten durcheinanderkommen. So auch Stefan Kaufmann (CDU), der am 30. Juli ins Theater der Altstadt in Stuttgart zur Matinée „Kaufmann & Friends“ geladen hatte. Karten gab es für diese Veranstaltung nicht zu erwerben, stattdessen wurde um eine Spende für den ökumenischen Knabenchor collegium iuvenum Stuttgart (CIS) gebeten.
Mit Ihnen einen schönen Abend!“, übergab Kaufmann am Mittag kurz nach elf Uhr die Bühne an die Intendantin des Theaters der Altstadt Susanne Heydenreich. „Denkt an das fünfte Gebot“, rezitierte sie Erich Kästner „schlagt Eure Zeit nicht tot!“ Ihre Stimme klang dabei leicht mahnend und zugleich versöhnlich. Es schien ihr nicht um ein schönes Vortragen zu gehen, viel mehr um ihre Position – die Lebenszeit sinnvoll zu nutzen. Bewegend und wie als Rückblick auf das eigene Leben vorgetragen, interpretierte die Hausherrin das 1975 erschiene Lied „Ich bin den weiten Weg gegangen“ von Hildegard Knef. „Nur weise, weise wurde ich nicht!“, das gesungene Geständnis der Intendantin Heydenreich. Dabei gelange es ihr auf berührende Art und Weise, das Lied als Melodie ihres eigenen Lebens rezitieren; teils singend, teils in fast erzählender privater Manier. Das Publikum, in den roten Theaterklappsitzen sitzend, applaudierte ergriffen – zu Recht. Unter ihnen Vertreter der Stuttgarter Kulturszene wie z. B. Sebastian Weingarten (Intendant des Renitenz-‐Theaters), oder Gabriel Frenzel und Timo Steinhauer (Geschäftsführer des Friedrichbau-‐Varietés).
Auf den Applaus folgte wieder Kaufmann: „Ich freue mich Ihnen heute Abend [das Publikum grinste über den zum Gag werdenden Versprecher] einen ganz besonderen Freund vorzustellen.“ Sympathisch, vertraut und dem wiederholten Versprecher erhaben, schmunzelte der Politiker Kaufmann ins Publikum zurück und bat den ehemaligen Korrepetitor und „Sunshine“ am Stuttgarter Ballett sowie guten Freund George Bailey auf die Bühne. Wie schon zuvor Heydenreich blickte Bailey auf sein Leben zurück und entführte die Zuhörer u.a. mit dem musikalischen Thema aus Pippi Langstrumpf sowie Fingerübungen am schwarzen Flügel in seine ersten Klavierstunden als Kind. Sich selbst nicht so ganz ernst nehmend, parodierte er virtuose sein eigenes Leben. Pause!
Zweiter Teil.
Kaufmann moderierte an und das Publikum wartete auf den zum Running Gag werdenden Versprecher. Vergebens! Stattdessen folgte Privates. „Eigentlich sollte mein nächster Gast auf der Segnungsfeier von mir und meinem Mann singen, doch sie wurde zum Vorsingen an die Metropolitan Opera eingeladen. Und sie bekam die Rolle. Wir sind schon lange gut befreundet und ich freue mich, dass sie heute MITTAG hier ist: Helene Schneidermann.“ Tosender Applaus. Scheinbar angetrunken und mit einem Weinglas in der Hand betrat Schneidermann schwankend die Bühne – natürlich nur in der Rolle ihres ersten Stückes: „Meinen Wein trink ich allein.“ Brillant und humoresk verkörperte die Kammersängerin der Staatsoper Stuttgart die Rolle der angetrunkenen Chanteuse. Begleitet vom Pianisten Dirk Schieborn folgte die in eine „gemütlichere Tonart“, wie Schneidermann es nannte, transponierte Arie „L’amour est un oiseau rebelle“ aus „Carmen“ von George Bizet. Mit unglaublicher Leichtigkeit und mit einem um die Hüfte geknoteten Fransentuch verzauberte die international renommierte Opernsängerin das Publikum. Sehr sympathisch und sichtlich überrascht nahm Schneidermann am Ende ihres Kurzprogrammes einen Strauß rote Rosen als Dank entgegen. Zum Abschluss des Programms bat Kaufmann die Travestiekünstlerin und Kabarettistin Frl. Wommy Wonder auf die Bühne. Das Publikum applaudierte der schillernden Grande Dame zu und lauschte ihrer mit Humor pointierten Gesellschaftskritiken. Im Ganzen ein wunderschöner Abend am Mittag in Stuttgart.
Text: ZeitBlatt / Andre Biakowski
Photo: Andre Biakowski