Geschmacklicher Aderlass zur ART WEEK in Berlin.

Geschmacklicher Aderlass zur ART WEEK in Berlin.

Der britische Musiker Peter Doherty vor der Eröffnung der Ausstellung „Contain yourself (seriously)“ vor seinem Bild „Hongkong“ Mixed Media auf Papier, 2015. Foto©dpa

PUNKT.GENAU ist eine Großstadtkolumne von Beatrice Kunath. Fast alle Medien müssen sich beugen und Pressetexten folgen. Dieser Text ist werbefrei, wird nicht honoriert und erfreut sich der Meinungsfreiheit.

Die elfte ART WEEK in Berlin ist vorüber und der zum größtenteils wahrnehmbare Kunstschrott wurde abgebaut! Es kann durchgeatmet werden und ein entspanntes Résumé ist möglich.

Das Gute an 150 Kunst-Depots, die es dieses Jahr zu besichtigen gab, war, dass jeder was zum Amüsieren fand. War es der falsche Kunstort, dann ließ sich das mit einem guten alkoholischen Getränk übertünchen. Es gaben sich leider viele Vernissagen gleichzeitig die Hand, sodass die beste Lösung eben das mit dem Flüssigen war. Es hieß in jedem Medienbericht, dass die Museen mitwirkten und ja es stimmt, sie waren geöffnet. Die Clubs, die sich beteiligten, benannten ihre Veranstaltungen kunstvoll und hingen Bilder und Fotografien in die Klos oder über die Bar. So konnten immerhin über 1000 Künstler ihre Arbeiten der Öffentlichkeit zeigen.

Eine Ausstellung reihte sich in die Nächste und jeder versuchte ein bisschen mitzuwirken. Meistens mit kostenlosen Getränken und trink animierender Musikuntermalung. Die Kunst, wie so oft in Berlin, diente als Dekor oder blieb im Hintergrund.

Somit machte die Janine Bean in der Torstraße alles richtig und nutzte die art week als Erwerbsquelle. Eine Galerie, die Berlin verstanden hat. Es braucht eine kleine Berühmtheit, wie Pete Doherty, dazu passende Musik vom Band und ausreichend Getränke Sponsoren. Pete Doherty, einst gefeiert als Rockstar, dann als Junkie mit Kate Moss liiert und durch gemeinsames Kokain Schnuppen in der Nacht, zu einer Berühmtheit herangereift. Am kreativsten fiel sein Ausstellungsname aus „Contain yourself (seriously)“, „Benimm dich (aber echt)“, was ganz gut zum neuen Berlin und zum frischen feisten Doherty passt.

Sein Kunstverständnis geht wahrscheinlich einher mit seinen früheren rauschigen Erlebnissen. Oder gab es ausreichend Interessenten, die seine Reliquie „Blut“ gut zu vermarkten wissen. Denn einige (sofort) verkaufte Bilder waren mit seinem eigenen Blut kreiert. Es gab aber auch was für den kleinen Geldbeutel, sowas wie zerknüllte und wieder aufgewertete Zettel. Währenddessen sprach Pete Doherty vom Band zu seinen Gästen. Und das, obwohl er anwesend war. Somit gab auch hier der Alkoholrausch den art week Protagonisten ausreichend Zeit, die hohen Bilderpreise von bis zu 10.000 Euro zu verarbeiten.

Wogegen Noah Becker noch in einem therapeutischen Bewältigungsprozess zu sein scheint. Mit Unterstützung von Deutschlands führenden Wohnungsprivatisierungsunternehmen wurde die exklusive Ausstellung „BLOOM“ des Künstlers Noah Becker im „Riehmers Hofgarten“ ausgerichtet. Noah wirkte tiefenentspannt und seine mannigfaltige Kunst ein Heilungsprozess. Er konnte durch seine geladenen Gäste, wie das Topmodel Toni Garn, die art week aufwerten.

Viele andere mussten draufzahlen. Traurig ist nicht der Aderlass von Pete Doherty, sondern der von ernstzunehmenden Künstlern aus Berlin.