Milo Rau mit »LENIN«, »General Assembly« und »Kongo Tribunal« an der Schaubühne
Der Regisseur und Autor Milo Rau wird im Oktober und November gleich mit mehreren Produktionen an der Schaubühne vertreten sein. Am 19. Oktober hat das Stück »LENIN« von Milo Rau & Ensemble Premiere, eine Inszenierung über die letzten Jahre Lenins, die er krank und politisch isoliert in seiner Datscha verbringt, umgeben von einem Kreis weniger Vertrauter wie seinem Weggefährten Trotzki. Das Stück zeigt den Übergang von einer revolutionären Zeit, in der für einen kurzen Moment historisch alles möglich schien, zu einer Zeit der Bürokratie, in der Stalin die Macht übernimmt. Lenin wird von einer Frau, Ursina Lardi, verkörpert.
Wir begrüßen als neues Ensemblemitglied an der Schaubühne mit dieser Inszenierung Nina Kunzendorf, die Lenins Frau Krupskaja spielt. Kunzendorf war Mitglied im Ensemble des Hamburger Schauspielhauses und an den Münchner Kammerspielen. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet u. a. dem Grimme-Preis (2012), dem Deutschen Filmpreis als »Beste weibliche Nebenrolle« (2015) und dem Bayerischen Fernsehpreis als »Beste Schauspielerin« (2016).
Anfang November findet mit der »General Assembly« eine dreitägige Konferenz in der Schaubühne statt, bei der sich vom 3. bis 5. November 60 Abgeordnete aus der ganzen Welt versammeln, um darüber zu diskutieren, wo wir als Weltgemeinschaft stehen und was zu tun ist – sozial, ökologisch, technologisch und politisch. Die Abgeordnete verschiedener Netzwerke und politischer Organisationen stehen in dieser Art »Weltparlament« repräsentativ für alle Akteurinnen und Akteure, die von der deutschen Politik betroffen sind, aber kein politisches Mitspracherecht haben. Die Ergebnisse der insgesamt sieben Plenarsitzungen, denen die Zuschauer beiwohnen können und die auch live im Internet übertragen werden, münden in einer »Charta für das 21. Jahrhundert«. Ihren Abschluss findet die »General Assembly« mit der Übergabe dieser Charta am 7. November in einem »Sturm auf den Reichstag«, als Reenactment des historischen Sturms auf den St. Petersburger Winterpalast vor 100 Jahren. Jeder ist dazu aufgerufen, sich am 7.11. um 15 Uhr auf der Wiese vor dem Reichstag daran zu beteiligen. »General Assembly« ist eine Produktion des IIPM (International Institute of Political Murder) in Koproduktion mit der Schaubühne.
Als Auftakt zur »General Assembly« diskutieren Milo Rau und der Soziologe Harald Welzer am 1. November unter dem Titel »Was ist globaler Realismus?« über soziale und politische Ungerechtigkeit im 21. Jahrhundert und über Milo Raus neues Buch »Wiederholung und Ekstase«.
Am 18. November wird zum Abschluss der Veranstaltungsreihe der Dokumentarfilm »Das Kongo Tribunal«gezeigt, der im November in die Kinos kommt. In mehr als 20 Jahren hat der Kongo-Krieg bereits über 6 Millionen Tote gefordert. Die Verbrechen des Krieges wurden jedoch nie juristisch verfolgt. Milo Rau gelang es 2015, erstmals in der Geschichte dieses Krieges, ein symbolisches Tribunal unter Beteiligung aller Parteien – Opfer, Täter, Zeugen und Analytiker – mitten im ostkongolesischen Bürgerkriegsgebiet abzuhalten und drei Fälle exemplarisch zu verhandeln. Raus Ansatz – »sich so auf die Seite der Entrechteten zu begeben, jener, die keine Lobby haben und die Stimme jener hörbar zu machen und anzuhören, die nie gehört werden« spannt den Bogen von der »General Assembly« zum »Kongo Tribunal«.