Projekt „Tell Berlin“ – Philip Topolovac im KORN Kunstraum

Projekt „Tell Berlin“ – Philip Topolovac im KORN Kunstraum

1. Tell Berlin – Ausstellung von Philip Topolovac – Seit über 20 Jahren befeuern gesteigerte Nachfrage und staatlich geförderte Anlagemöglichkeiten im Zentrum Berlins umfängliche Bautätigkeiten. Dabei werden immer wieder Überbleibsel des Bombenkrieges aus dem Untergrund der Stadt ans Tageslicht befördert, für kurze  Augenblicke sichtbar, greifbar.

Philip Topolovac nimmt diese Gelegenheiten wahr, um in den gähnenden Baugruben, nach Hausrat der ehemaligen Bewohner, meist Teller, Töpfe und Tassen, Werkzeuge und Besteck, Porzellanpüppchen, Schreib-, Nähmaschinen zu suchen. Im Projekt Tell Berlin werden diese Fundstücke gesammelt, kategorisiert und katalogisiert.

Das Wort Tell stammt aus dem Arabischen und bezeichnet in der Archäologie Siedlungshügel, die aus – manchmal jahrtausendealten – Schichten vergangener Bebauungen bestehen, welche in der Folge  von Aufbau, Verfall, Zerstörung und Neugründung entstanden sind. Auf die verhältnismäßig junge Stadt Berlin scheint diese Bezeichnung nicht zu passen.
Doch hat die bewegte Geschichte des 20. Jahrhunderts gerade in Berlin mit dem Kaiserreich, der Nazidiktatur, der Teilung und dem Sozialismus sowie der Umbau zur gesamtdeutschen Hauptstadt seine Spuren hinterlassen und in kurzer Zeit Schichtungen entstehen lassen, die nun von Neubauten und Rekonstruktionen überdeckt werden. Nicht zuletzt ist darin die Schicht der Kriegszerstörung enthalten, die aus dem Bewusstsein der Stadt zu verschwinden beginnt.

Die Ausstellung im KORN, soll den den Blick auf ein in der dynamischen Entwicklung der Stadt kurz wieder geöffnetes Fenster in eine dramatische Vergangenheit lenken. Dafür werden Teile der Sammlung nach Art eines Museumsarchivs – nach Form, Material und Herkunft sortiert – in einem Regal präsentiert, das in da Schaufenster eingepasst ist. Der Kontrast zwischen den Überbleibseln, Bruchstücken und Resten der sachlich-modernistischen Architektur des Gebäudes  provoziert dabei Fragen nach Herkunft, Zugehörigkeit und Bedeutung.

(Bereits 2018 wurde in der Ausstellung „BLANK BLANK“ im Rahmen von 48 Stunden Neukölln eine ähnliche Präsentation gemeinsam mit dem Künstler Markus Proschek ausgestellt.)

Philip Topolovac lebt und arbeitet in Berlin, wo er von 2001 bis 2008 an der UdK u.a. bei Christiane Möbus studierte und mit dem Meisterschülertitel abschloss. In seinen Skulpturen, Fotografien und Installationen untersucht er Fragen nach den Bedingungen und  der Rezeption  unterschiedlicher  Realitätsebenen. Er wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Meisterschülerpreis, dem MadArt Kunstpreis und einem Förderstipendium der Stiftung Kunstfonds. Zudem wurde er mit diversen Aufenthaltsstipendien u. a. in Prag, Miami und Sardinien gefördert. Seine Arbeiten werden in internationalen Galerien, Projekträumen und Museen ausgestellt, unter anderem im Kunsthaus Erfurt, im Vitra Designmuseum, in der Kunsthalle zu Kiel, in den Deichtorhallen Hamburg, im V&A Dundee, in der Philharmonie de Paris und in der Galerie Mario Iannelli in Rom. In Berlin waren seine Werke u.a. im Stroux, Frontviews, Glue, Bar Babette, Hot Mess, Tape Modern, Brixenale Berlin und im Künstlerhaus Bethanien sowie in der Galerien Alexander Levy und bei Johann König zu sehen. Seine Werke sind u.a. in der Sammlung Julia Stoschek, der Sammlung Köstlin und in der Sammlung des Deutschen Architekturmuseums in Frankfurt vertreten.

2. NEULAND – Wandel, Abriss, Neubesinnung

Die deutsche Vereinigung liegt über dreißig Jahre zurück – noch lebendige Erinnerung für viele, aber nicht mehr gegenwärtig. Nicht nur die Zeit davor, auch die ersten Jahre der tiefgreifenden Umwälzung im neuen „Ostdeutschland“ entfernen sich aus dem Leben, den Haltungen, den Stimmungen und werden zu archäologischen Schichten des kollektiven Unbewussten. Hier liegen die vergessenen Abdrücke verschwundener Erfahrungen, Krisen, Brüche und Kämpfe um die Wiederkehr von Marktbeziehungen, die Transformation der Rechtsverhältnisse, den Abbruch sozialer Institutionen, die Schließung von Industriebetrieben und den Umbau ganzer Stadtlandschaften des Ostens.

Die Geschwindigkeit und Tiefe der Verwandlung hat neben Überholtem auch Brauchbares beseitigt und neben produktiver Erneuerung auch seltsam altmodische Ersetzungen hervorgebracht – nicht zuletzt im Wohnungs- und Städtebau. Bekannte Beispiele sind der Palast der Republik, ersetzt durch die Kopie eines Hohenzollernschlosses, das Ahornblatt, ersetzt durch gesichtslose Renditearchitektur, und die sorgfältige Restaurierung vieler Mietshausfassaden im Stil des wilhelminischen Kaiserreichs.

Zugleich ziehen Teile der DDR-Architektur und ihres Designs ein wachsendes Interesse auf sich.

In der Ausstellungsreihe NEULAND werden sich Künstler:innen in Installationen, Collagen und Fotografien mit der „DDR-Moderne“ in Architektur und Design und ihren tragenden kollektiven Träumen, Utopien und Täuschungen befassen und ihre Sicht auf den anhaltenden Prozess der „Gentrifizierung“ und seine stadträumlichen Folgen präsentieren.

3. KORN

Der Name des Kunstraums KORN bezieht sich sowohl auf den Architekten Roland Korn als auch auf den Namen des Wohnquartiers, in dem sich die Heinrich-Böll-Bibliothek befindet. Korn entwarf zahlreiche Repräsentationsbauten in Ost-Berlin z.B. das Staatsratsgebäude, das Hotel Stadt Berlin, die Wohnsiedlung Berlin Marzahn und die Bebauung des Quartiers Mühlenviertel im Prenzlauer Berg.

Korn ist zudem ein Saatgut, aus dem Pflänzchen entspringen: und nun Kunst – in einem ungewöhnlichen Stadtquartier.

4. Der Kurator 2021

Dirk Teschner ist Kurator und Publizist. Seit 2014 ist er Mitbetreiber des Ausstellungsraums HAMMERSCHMIDT + GLADIGAU in Erfurt. Er organisiert seit vier Jahren die Ausstellungsreihe KUNST GEGEN RECHTS und ist aktiv bei der Initiative DIE VIELEN.

5. artspring berlin

artspring berlin veranstaltet alljährlich im Mai ein Kunstfestival im Großbezirk Pankow – einen ganzen Monat Kunstaktionen, Konzerte, Performances, Lesungen, Ausstellungen, Screenings, Workshops und vor allen Dingen Offene Ateliers. artspring wächst in jedem Jahr ein Stück weiter, stößt neue Ideen für die Sichtbarkeit von Kunst und Kultur an und schafft Kooperationen sowie Synergieeffekte.

6. Die Heinrich–Böll–Bibliothek

ist eine klassische Bibliothek für Menschen jeden Alters, unabhängig von Status und Herkunft, ist die Bezirkszentralbibliothek von Pankow. Neben Lesungen und Ausstellungen veranstaltet sie, unter der Leitung von Tim Schumann, Konzerte und beteiligte sich an der Fête de la Musique.

Laufzeit der Ausstellung: 12. August – 19. September 2021

Eröffnung: 12. August 2021, 18 Uhr im Freien

Eintritt: frei

Ort: KORN Kunstraum – im Schaufenster der Heinrich-Böll-Bibliothek, Greifswalder Straße 87, 10409 Berlin-Prenzlauer Berg
Die jeweilige Ausstellung im Schaufenster ist täglich 24 Stunden besuchbar.

Pressebilder: Die  Arbeit  ensteht  direkt  für  den  Ausstellungsraum  –  aktuelle  Pressebilder werden daher erst wenige Tage vor der Eröffnung zur Verfügung stehen können. Bitte melden Sie sich diesbezüglich bei uns.

Realisiert in Kooperation von artspring berlin und der Heinrich-Böll-Bibliothek.
Die Ausstellungsreihe NEULAND wird gefördert durch das Bezirksamt Pankow von Berlin.