Begegnungen – das Aufeinandertreffen von Objekten, Figuren und Situationen – ist das zentrale Thema der Arbeiten dieser Ausstellung. Während in früheren Werken von Yongchul Kim einzelne Figuren noch auf der Suche nach ihrer eigenen Identität waren, treffen nun eben diese Existenzen, wie der Künstler Figuren aber auch Objekte nennt, in verschiedenen Konstellationen aufeinander.
In der Arbeit „Begegnung, Welle“ präsentiert sich ein Mann mit geschwellter Brust, angelehnt an den idealistischen Ritter Don Quijote aus dem Roman von Miguel de Cervantes, in einem undefinierten Raum, der zu einer Bühne des Lebens wird. Der Nachklang des trabenden Pferdes ist noch zu erahnen und eröffnet eine zeitliche Ebene im Bild. Die Zeit rennt und der Mann hat währenddessen Erfahrungen gesammelt, neue Dinge erlernt. Er steht mitten im Leben mit den Erinnerungen, die ihn wie Wellen umgeben und mit ihm verschmelzen. Der erwachsene Mann und seine Schultüte, die er fast wie eine Lanze hält, ergeben ein seltsames Paar. Die Schultüte scheint die stolze Haltung des Mannes beinahe zu verhöhnen. Während Kinder bei der Einschulung am Anfang des Lebens stehen und erst Erfahrungen sammeln und ihren Platz in der Gesellschaft finden müssen, hat er schon Höhen und Tiefen erlebt und ist verbunden mit Ereignissen des Lebens, die ihn zu dem machen, was er uns präsentiert. Er ist geprägt vom Leben und sein Gesicht erzählt Geschichten von Ereignissen, die sich dem Betrachter jedoch nur in Form eines abstrakten Farbrausches zeigen.
Wo früher in den Werken von Yongchul Kim stille Wasser reflektierten, brechen nun farbintensive Wellen auf die Figuren ein und machen sichtbar, was bisher nur zu erahnen war. Während der Mann in „Begegnung, Welle“ mit den Wogen des Lebens koexistiert, scheint die Figur in „Begegnung, Strudel“ in einem Strudel gefangen zu sein, dem sie nur mit Mühe entrinnen kann. Yongchul Kims Figuren werden in den Arbeiten dieser Ausstellungen mit Situationen, Erfahrungen und Erinnerungen konfrontiert, die durch Farbwellen aus expressiven Pinselstrichen dargestellt werden. Das Motiv des Wassers wird von ihm weitergedacht und erhält durch die Bewegung eine neue emotionale Deutungsebene, die von friedlicher Koexistenz bis hin zur überwältigender Kraft reicht.
Im Aufeinandertreffen von Existenzen, zu denen neben Figuren auch Objekte und Erfahrungen zählen, wird der abgeschottete Bildraum geöffnet und von Farbwellen durchbrochen. Die Begegnungen werden durch die kontrastierende Farbpalette von Yongchul Kim hervorgehoben. Komplementärfarben wie intensives Rot und Grün oder Abstufungen von Hell und Dunkel verdeutlichen die einzelnen Existenzen. Erst in ihren Berührungspunkten verschwinden die Konturen in einem Wechsel aus Farbe bei „Begegnung, Frau mit Schwan“. Hier wird der Bildraum gesprengt, denn die Frau scheint voller Überraschung auf eine Begegnung außerhalb der Bildgrenze zu reagieren. Die Sicherheit der dichten Natur, die sie umgibt, löst sich auf und wird abstrakter, je näher sie dem Treffen mit dem Unbekannten kommt. Indem Yongchul Kim in dieser Ausstellung Begegnungen verschiedener Arten zeigt, wird der Betrachter darauf aufmerksam gemacht, welchen Einfluss Begegnungen und Erfahrungen auf Personen und ihre Existenz haben und kommt nicht umhin, Parallelen zum eigenen Leben zu ziehen.
Yongchul Kim wurde 1982 in Yeosu, KR geboren. Er studierte bis 2009 Kunst an der Chonnam Universität in Gwangju, KR und von 2014 bis 2020 an der Staatliche Akademie der bildenden Künste Stuttgart, DE bei Prof. Cordula Güdemann. Yongchul Kim lebt und arbeitet in Stuttgart, DE. Vorherige Einzelausstellungen umfassen: Yongchul Kim, Fritz und Hildegard Ruoff Stiftung, Nürtingen, DE, 2019; Zwischen Schein und Sein – Malerei mit Yongchul Kim, Nordheimer Scheune, Nordheim, DE 2018. Frühere Gruppenausstellungen umfassen: salondergegenwart 2019, salondergegenwart, Hamburg, DE, 2019; Edge of Society, Kunstverein Neckar-Odenwald e.V., Buchen, DE, 2019; Recherche gegen Rechts / Deine Heimat, Akademie Galerie München, München, DE, 2018; Häute & Morgen, Galerie der Stadt Backnang, Backnang, DE, 2018; The Eighth Climate ( What Does Art Do? ), Gwangju Biennale, Gwangju, KR, 2016. In der Juli 2019 Ausgabe von art – Das Kunstmagazin wurde Yongchul Kim von Adrienne Braun in der Reihe „Starter“ unter der Überschrift „Seelentaucher“ vorgestellt.
Yongchul Kim wird im Buch „Dissonance – Platform Germany“ hg. von Mark Gisbourne und Christoph Tannert im Auftrag des Künstlerhauses Bethanien Berlin über in Deutschland lebende Maler vertreten sein, das voraussichtlich im Februar 2022 erscheinen wird. Vom 03.07.2022 bis 25.09.2022 wird Yongchul Kim in einer Einzelausstellung in der Kunsthalle Gevelsberg zu sehen sein.
Galerie Fuchs
Yongchul Kim. Begegnungen
25.02.- 26.03.2022