Kunst in Bewegung. 100 Meisterwerke mit und durch Medien – Ein operationaler Kanon

Kunst in Bewegung. 100 Meisterwerke mit und durch Medien – Ein operationaler Kanon

Frank Gillette, Ira Schneider, Wipe Cycle, 1969/2017. Rekonstruktion der Videoinstallation ©© Frank Gillette, Ira Schneider, ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe, Foto: ONUK

Diese Ausstellung zeigt eine Kunst, wie Sie sie noch nie gesehen haben, und dadurch die Welt, wie Sie sie noch nie gesehen haben. Die Ausstellung präsentiert die zeitbasierten medialen Künste als die herausragendste Neuerung der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts – als bewegende Geschichte der apparativen Kunst der Bewegung vom Kino zur Kinetik, vom Licht zum Ton.

Mit der Einführung der Bewegung in die Künste wurde die Kunst in Bewegung gebracht.

MACBA Collection. MACBA Foundation. Work purchased thanks to Taller de la Fundació © Sergio Prego

Der Untertitel der Ausstellung spielt auf die populäre TV-Sendung 100 Meisterwerke der 1980er-Jahre an, die aus mediengeschichtlicher Sicht von einem blinden Fleck gezeichnet war: Obwohl die Serie im elektronischen Medium Fernsehen ausgestrahlt wurde, wurden vorwiegend Meisterwerke der traditionellen Bildkünste wie die Malerei gezeigt. Neben bekannten Positionen der medialen Künste wie Nam June Paik, Maya Deren, John Cage, Lynn Hershman, Sergei Eisenstein, Ulrike Rosenbach, Zhang Peili, Bill Viola und Michael Snow präsentiert die Ausstellung wichtige Pionierleistungen im Bereich der Medienkunst, die bisher im Kunstdiskurs kaum oder noch wenig Beachtung fanden, wie Mary Ellen Bute, Zdeněk Pešánek, Ivan Ladislav Galeta und Waldemar Cordeiro

Dem vorgeschlagenen Kanon liegt eine neue operationale Methode zugrunde – ein rhizomatisches Netzwerk aus Meister- und Referenzwerken. Der Auswahl der Meisterwerke liegt nicht der klassische, an der Malerei orientierte Bildbegriff zugrunde, der versucht, die neuen Medien in die Tradition der visuellen Künste einzubinden. Die Medienkunst ist von Apparaten und Maschinen nicht zu trennen, deshalb definiert die Ausstellung erstmals die Medienkunst unter 3 Bedingungen: apparative Produktion, Distribution und Rezeption.

Mit dem Fotoapparat (E. Mach, E.-J. Marey, E. Muybridge) hat Ende des 19. Jahrhunderts das Studium der Bewegung ein geeignetes Aufzeichnungs und Darstellungsmedium gefunden. Mit der Fotografie, der 100 Jahre lang der Kunstcharakter verwehrt blieb, nahm der Skandal der Medienkunst seinen Lauf: Sie veränderte nicht nur den traditionellen Bildstatus, sondern „den Gesamtcharakter der Kunst“

David Larcher, Granny’s Is, 1989 © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe

Im Mittelpunkt jeder Maschine steht die Bewegung, daher sprechen wir von Kinematografie, Schrift der Bewegung, und von Kinetik, Kunst der Bewegung. Malerei und Skulptur sind raumbasierte Künste, die Medien sind zeitbasierte Künste. Deswegen gehören Uhren als Zeitmaschinen zu den Vorläufern. Das Räderwerk der Uhren führte die Radtechnologie zum Triumph: über die Bewegungsmaschinen (Fahrrad, Eisenbahn, Auto) zu den Bildmaschinen.

Denn auch für die Aufzeichnung und Wiedergabe von Bewegung wurden Kameras entwickelt, in denen sich Filmspulen drehten, und Projektoren, in denen Zelluloidstreifen über Räder transportiert wurden. Von den beweglichen Buchstaben Gutenbergs über die reinen Bewegungsmaschinen zu den Bewegtbildern und den bewegten BetrachterInnen (virtuelle Realität) ist die Kunst zunehmend in Bewegung. Zu Ende des 19. Jahrhunderts wurden die elektromagnetischen Wellen entdeckt. Sie lösten im 20. Jahrhundert die Radtechnologie ab und wurden zur Grundlage für die Funktechnik, die drahtlose Telekommunikation von Daten (Telefon, Television, Radio etc.). Aus der Mechanik der Bild- und Bewegungsmaschinen wurden digitale Bildmedien.

 

Die Simulation der Bewegung (Kinematografie) führte schließlich zur Simulation des Lebens (Bio Art). Diese Ausstellung offeriert einen innovativen Parcours durch den faszinierenden Kosmos der apparativen Künste anhand von 100 Meisterwerken der letzten 100 Jahre. Die Ausstellung wird Sie physisch, kognitiv und emotional bewegen.

Zbigniew Rybczyński, Mein Fenster, 1979. Analogvideo © ZKM | Zentrum für Kunst und Medien Karlsruhe