In Gesicht der Nacht entführen zwei Choreografien auf ganz unterschiedliche Weise in das Reich getanzter Bilderwelten: Der Isländer Frank Fannar Pedersen, von der Zeitschrift tanz als »Hoffnungsträger des Tanzes 2015« ausgezeichnet, spürt in seiner Uraufführung var dem Phänomen der Zeit nach, vor allem der Relation von Vergangenheit und Gegenwart, und zeigt, wie die Reise durchs Leben dem Einzelnen als Bilder der Erinnerung in Kopf und Herz bleiben. Zur Musik seiner beiden Landsmänner Jóhann Jóhannsson und Sigur Rós verleiht Pedersen dieser Thematik in stimmungsvollen und gleichzeitig nachdenklichen Bildern körperlichen Ausdruck.
Stephan Thoss’ Nightbook hingegen ist von den rätselhaften Bildern des belgischen Malers René Magritte inspiriert und kreist um die Themen Inspiration, Kreativität und künstlerisches Schaffen. Wie sehr sich Thoss von dieser Thematik packen ließ, zeigt, dass er seine 2010 am Hessischen Staatstheater Wiesbaden uraufgeführte Choreografie für das Mannheimer Ensemble und Publikum überarbeitet und um einen neu kreierten, zwanzigminutigen Teil erweitert hat. Das Stück handelt von einer Schriftstellerin, die unzählige Figuren und Geschichten erfunden hat. In der Nacht erwacht dieses Archiv der fragmentarischen Kurzgeschichten zum Leben, erst in Form filmischer Bilder auf einer Leinwand und dann getanzt im dreidimensionalen Raum. In surrealen Situationen spielt die Choreografie mit der Grenze zwischen Fantasie und Wirklichkeit und lässt das Kino der Träume lebendig werden.