Gauthier Dance//Dance Company auf Tour in Berlin und beim Holland Dance Festival

Gauthier Dance//Dance Company auf Tour in Berlin und beim Holland Dance Festival

Zu Beginn des neuen Jahres ist Gauthier Dance nur zu Proben in Stuttgart – die haben es allerdings in sich. Denn mit Louiza Avraam, Réginald Lefebvre, Nicholas Losada, Alessio Marchini, Jonathan dos Santos, Robert Stephen und Theophilus Veselý kreieren gleich sieben Company-Mitglieder eigene neue Stücke für das Junge-Choreographen-Format Out of the Big Box.

Premiere ist am 29. März 2020. Außerdem bereiten sich die Tänzerinnen und Tänzer auf zwei größere Gastspielreisen mit dem Erfolgsprogramm Classy Classics vor. Zunächst geht es in die Hauptstadt zu fünf Vorstellungen im Haus der Berliner Festspiele, danach direkt weiter nach Den Haag. Dort wird der Theaterhaus-Company eine besondere Ehre zuteil: Der Künstlerische Leiter Samuel Wuersten hat Classy Classics für die Eröffnung des berühmten Holland Dance Festival ausgewählt. Wie eng die Bande zwischen dem Festival und Gauthier Dance sind, zeigt eine weitere Neuigkeit: Das Holland Dance Festival ist kürzlich als Koproduktionspartner von Swan Lakes eingestiegen. Der neue Tanzabend von Gauthier Dance sorgt schon lange vor der Premiere am 18. Juni 2020 für Aufsehen in der Tanzwelt. Schließlich sind mit Uraufführungen von Marie Chouinard, Marco Goecke, Hofesh Shechter und Cayetano Soto aufregende zeitgenössische Sichten auf den Ballettklassiker zu erwarten.

Anneleen Dedroog, Réginald Lefebvre & Alessio Marchini in Cayetano Soto, Malasangre
Szenenfotos Regina Brocke

Gauthier Dance unterwegs

Tourmanagement: ecotopia dance productions, www.ecotopiadance.com

 

Classy Classics

mit William Forsythe, Herman Schmerman Duet / Eric Gauthier, Orchestra of Wolves / Marco Goecke, Äffi / Cayetano Soto, Malasangre sowie

Ohad Naharin, DECADANCE (Berlin)

Ohad Naharin, Minus 16 (Holland Dance Festival)

 

Künstlerische Leitung / Choreograph: Eric Gauthier

Ballettmeister/in: Louisa Rachedi, Luis Eduardo Sayago

Company Coach: Egon Madsen

Künstlerische Koordination Bühne und Kostüme: Gudrun Schretzmeier

Produktionsleitung: Alexandra Brenk

Künstlerisches Betriebsbüro: Lisa Beck

Tanz: Bruna Andrade, Louiza Avraam, Nora Brown, Anneleen Dedroog, Réginald Lefebvre, Nicholas Losada, Joana Martins, Alessio Marchini, Barbara Melo Freire, Luca Pannacci, Garazi Perez Oloriz, Mark Sampson, Jonathan dos Santos, Robert Stephen, Izabela Szylinska, Sidney Elizabeth Turtschi, Theophilus Veselý

Rosario Guerra, Joana Martins, Nora Brown, Maurus Gauthier, Réginald Lefebvre in Ohad Naharin, DECADANCE

Wer angesichts des augenzwinkernden Stücktitels an einen opulenten Ballettabend denkt, liegt allerdings falsch. Ergänzt durch zwei länger nicht gezeigte Lieblingsstücke aus dem Gauthier Dance-Repertoire, feiert Classy Classics Meisterstücke des zeitgenössischen Tanzes.

Wer Ballettmoderne sagt, kommt an William Forsythe nicht vorbei: Sein beeindruckendes Œuvre verleiht dem zeitgenössischen Tanz seit mehreren Jahrzehnten Eleganz und klare Linie. Das Herman Schmerman Duet ist dennoch der beste Beweis dafür, wie viel Leichtigkeit und Humor in Forsythes souveränen, fast mathematisch strukturierten Arbeiten steckt. Eine Tänzerin auf Spitzenschuhen und ihr männlicher Partner scheinen anfangs alle Erwartungen an einen neoklassischen Pas de deux zu erfüllen. Doch Forsythe braucht nur wenige Minuten, um die bekannten Muster ironisch zu durchbrechen und die Geschichte einer sehr heutigen Beziehung zu erzählen. Spöttisch, lässig – und unglaublich virtuos. Das Herman Schmerman Duet galt als eine der Paraderollen der großen Sylvie Guillem und ist vielleicht deshalb mittlerweile kaum noch auf den Tanzbühnen weltweit zu sehen. Dass Forsythe grünes Licht für Gauthier Dance gab, darf die Company zu Recht als Ritterschlag betrachten …

Nach mehreren, für beide Seiten bereichernden Kollaborationen ist Marco Goecke Gauthier Dance seit Januar 2019 als Artist-in-Residence verbunden. Klar, dass der weltweit gefragte Choreograph bei den Classy Classics nicht fehlen darf. Vertreten ist er mit der Produktion, die seinen Durchbruch markierte und seine unverwechselbar vibrierende Handschrift einem breiten Publikum bekannt machte. Im Gefüge des Abends vertritt Äffi nicht nur die Solo-Position. Es ist auch eine ausgesprochen selbstbewusste Wahl. Schließlich verlangt das atemlose Stück zu Musik von Johnny Cash seinem Performer tänzerische Höchstleistungen ab, technisch wie emotional.

Volle Attacke: Malasangre pustet sein Publikum durch wie ein Wirbelsturm. In kurze Röcke gekleidet, die Hände zu Krallen geformt, fegen die Tänzerinnen und Tänzer nur so über die mit schwarzen Stoffschmetterlingen bedeckte Bühne. Cayetano Sotos tief empfundene Hommage an die kubanische Sängerin La Lupe zeigt die Dunkelheit einer gequälten Seele – und schafft es, diese Zerrissenheit zur Quelle der größtmöglichen Energie zu machen. In Kombination mit der strahlenden Musik der Queen of Latin Soul wird daraus eine exzentrische, fiebrige Revue, die es ihrem Publikum buchstäblich schwer macht, sitzen zu bleiben. Uraufgeführt als Teil des Ballettabends Future 6 von 2013, war es höchste Zeit für eine Wiederbegegnung.

Noch weiter zurück lag die Uraufführung der vom Publikum heiß geliebten Miniaturkomödie Orchestra of Wolves aus dem Jahr 2009. Heute unvorstellbar: Eric Gauthier kreierte den humorvollen Showdown zwischen einem Dirigenten und seinem Orchester für sein damals nur achtköpfiges (!) Ensemble. Zu den pochenden Klängen aus dem bekannten ersten Satz aus Beethovens 5. „Schicksalssinfonie“ ziehen die Musiker in Wolfsmasken immer engere Kreise um ihren Chef…

Szenenfotos Regina Brocke

Bei der Programmzusammenstellung wird es im Januar eine Besonderheit geben. Gezeigt wird jeweils ein berühmtes Gruppenstück vom Großmeister des Tanzes aus Israel, Ohad Naharin: in Berlin die Originalvariante mit DECADANCE, beim Holland Dance Festival Minus 16, das bei Gauthier Dance Teil des Tanzabends MEGA ISRAEL war.

Programm Berlin

DECADANCE ist die ultimative Wundertüte. Kein Stück, sondern ein sich ständig veränderndes work-in-progress. Wie bei einem Kaleidoskop stellt Ohad Naharin für jede Stadt, für jede Company eine neue Version zusammen, allesamt Auszüge aus seinen bisherigen Arbeiten. Und das sind eine ganze Menge seit der Urfassung aus dem Jahr 2000. Nun gibt es DECADANCE auch für Stuttgart! Ein Zeichen der Verbundenheit, das kein Zufall ist. Denn der Hauschoreograph der Batsheva Dance Company und weltberühmte Schöpfer der Gaga-Methode konnte sich nun das dritte Mal direkt vor Ort von der tänzerischen Qualität überzeugen, mit der Gauthier Dance seine Werke interpretiert. Nach Kamuyot und Minus 16 bei den beiden ersten Festival-Ausgaben 2015 und 2017 setzte DECADANCE die Ohad Naharin-Tradition von COLOURS fort.

Mittwoch, 15. Januar 2020 um 20:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

Donnerstag, 16. Januar 2020 um 20:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

 

Freitag, 17. Januar 2020 um 20:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

Im Anschluss an die Vorstellung am Freitag, 17. Januar 2020 gibt es ein Publikumsgespräch mit Company-Chef Eric Gauthier. Es moderiert die Tanzexpertin Dorion Weickmann (Süddeutsche Zeitung, tanz).

Samstag, 18. Januar 2020 um 20:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

Sonntag, 19. Januar 2020 um 18:00 Uhr, Haus der Berliner Festspiele

 

Programm Holland Dance Festival

Mit Minus 16 schuf Ohad Naharin ein echtes Signature Piece, das schon bald nach der Premiere im Jahr 1999 Kultstatus erlangte. Wie in einem Kaleidoskop vereint es unterschiedlichste Episoden, Musiken und Stimmungen, die Naharin jeweils neu arrangiert und variiert – vom entfesselten Stuhlkreis mit dem kraftvollen hebräischen Volkslied Echad Mi Yodea bis zum entrückten Pas de deux zu Antonio Vivaldis Nisi Dominus. Eine denkbar intensive Gruppenerfahrung für Tänzer und Publikum, die bis heute nichts von ihrer Anziehungskraft verloren hat.

Mittwoch, 22. Januar 2020 um 20:00 Uhr, Holland Dance Festival, Zuiderstrandtheater, Den Haag

Donnerstag, 23. Januar 2020 um 20:00 Uhr, Holland Dance Festival, Zuiderstrandtheater, Den Haag