Assaf Kacholi „Berlin – Tel Aviv“

Das Debutalbum von dem Tenor Assaf Kacholi aus der Gruppe ADORO ist ein sensibler und feiner Einblick in seine musikalische Welt. Die Reisen zwischen Berlin und Tel Aviv sind Teil von Assaf Kacholis Leben. Er lässt uns Teilnehmen an seiner Reise zwischen seinen Wurzeln und geht mit uns auf eine Reise die persönlicher kaum sein könnte.

Berlin – Tel Aviv

Am Berliner Flughafen Tegel ist wie immer viel los. Die Passagiere des Fluges nach Tel Aviv warten am Gate. Assaf Kacholi, der in Berlin und Tel Aviv gleichermaßen zuhause ist, vertreibt sich die Zeit bis zum Einsteigen mit Musikhören. Dabei etwas Neues zu entdecken, ist seine große Leidenschaft. „Ich höre wirklich alles – all over the world – und ich sammle dabei immer. Ich kann Musik nicht hören, ohne dabei zu denken, das würde ich gerne auch einmal singen.“ Wenige Minuten später betritt er, versunken in den Klängen einer neuen Entdeckung, das Flugzeug in seine Heimat.

Seine Faszination für die deutsche Sprache entdeckte er während seines Studiums an der Rubin Music Academy in Tel Aviv durch das Singen der Lieder Schuberts und Schumanns. Daraufhin entschloss sich Assaf 2002 nach Berlin zu gehen, um sich dort musikalisch weiterzubilden und seine gesanglichen Fähigkeiten weiter auszubauen. Jedoch ließ er die Verbindung zu seiner israelischen Heimat nie abreißen. Dadurch wurde die Flugstrecke zwischen den beiden Städten zu einem regelmäßigen Bestandteil seines Lebensrhythmus. Ein kontinuierliches Pendeln zwischen der gegenwärtigen Berliner Kunstszene im Spannungsfeld einer klassischen deutschen Musikkultur des letzten Jahrhunderts und der Aufbruchstimmung eines neuen wilden Berlins, sowie der Kultur seiner Herkunft Tel Aviv, die zwischen dem Einfluss einer modernen, vom studentischen Leben geprägten Musikszene und der Tradition der jüdischen Musikkultur der letzten Jahrhunderte steht.

Zwei Welten, die sehr unterschiedlich sind und sich dabei aber selbst in einem ständigen Umbruch befinden. „Ich verbringe viel Zeit im Flugzeug, denn ich bin in beiden Städten irgendwie zu Hause“. Doch durch die vielen Ortswechsel konnte er sich in den zwei Metropolen nur schwer verankern. „Wenn ich in Israel bin, sagen die Leute jetzt, ich hätte einen deutschen Akzent. Und hier in Deutschland ist es umgekehrt, auch wenn mein Deutsch schon fast grammatikalisch korrekt ist“. Er lacht, und doch spürt man in seiner Stimme eine gewisse Melancholie. „Ich habe gemerkt, wie sich meine Identität langsam aufgelöst hat“. Um diesem Prozess etwas entgegen zu stellen, entstand vor fünf Jahren die Idee zum Projekt Berlin – Tel Aviv. „Es ist wie eine Suche nach meiner Identität. Und ich habe viel Kraft und Mut sammeln müssen für dieses Album. Viel Zeit gebraucht, um das Selbstvertrauen zu sammeln, sagen zu können: das sind meine Lieder“.

Eine Antwort auf diese Selbstsuche findet Assaf in einer kleinen, reduzierten musikalischen Ausdrucksweise. „Ich mag gerne Zuhause singen – für dreißig Leute oder nur zehn – es ist so intim und meine Stimme passt auch zu so einem Rahmen“. Deshalb werden die Lieder auf dieser CD nur mit Klavier oder Gitarre begleitet. „Es ist so schön mit Gitarre zu singen. Es gibt dann sozusagen zwei „Strings“; die der Gitarre und die meiner Stimme, und meine Stimme beginnt dann irgendwie zu schweben“. Gerne gibt Assaf kleine „Salonkonzerte“, wie er es nennt. Gerade auch für die jüdische Gemeinde in Deutschland. Dabei entdeckte er seine Liebe für hebräische Lieder. „Ich hatte Heimweh nach meiner eigenen Sprache und wollte auch damit singen“. Die unterschiedlichen Sprachen in den Liedern inspirieren ihn und transportieren verschiedene Züge seiner Persönlichkeit „Wenn ich auf Deutsch singe, dann bin ich auch ein wenig „deutsch“, also etwas zurückhaltender, mit einer feineren Emotionalität. Und im Hebräischen gehe ich mehr aus mir heraus, ich bin dann gelöster. Ein „Mediterranean Artist“ mit einer israelischen emotionalen Seele“.

Deshalb umkreist Assaf mit der Liedauswahl dieser CD sowohl den klassischen europäischen Kanon, vom Barockgesang John Dowlands, über die Romantik bis zur Filmmusik für Franco Zeffirellis „Romeo und Julia“, als auch den hebräischen Kulturkreis vom biblischen „Hohelied Salomons“ bis hin zu Sasha Argovs „Lullaby“. Daneben stehen die jüdisch-amerikanischen Komponisten George Gershwin und der aus Berlin ausgewanderte Kurt Weill. Bewusst präsentiert Assaf nicht nur eine Playlist als Download, sondern auch eine CD mit Booklet. „Es ist mir wichtig, das die Leute meine CD in der Hand halten können“. Die Lieder sollen durch die Reihenfolge eine Beziehung miteinander eingehen. „Ich höre gerne eine CD von Anfang bis Ende durch.“ Es entsteht ein Bogen, der Assafs Suche nach persönlicher, wie kultureller Herkunft und künstlerischer Inspiration beschreibt.

Assafs Flug ist in Tel Aviv angekommen. Neue Entdeckungen hat er derweil gemacht, und „Ideen für ein weiteres Projekt gesammelt“. Er lächelt, der israelische „Sunnyboy“, wie er von seinen Freunden gern genannt wird. Er ist wieder einmal in einem seiner Zuhause angekommen.