In Grünau, der Oase des Berliner Ostens kam es zu einer königlichen und kulinarischen Begebenheit mit Fred und Niklas in ihrem Café Liebig.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wo Berlin sich zur Industriemetropole und zur Hauptstadt des Kaiserreiches entwickelte. Die Einwohnerzahl stieg rasant und die vielen Städter suchten an den Wochenenden Erholung im Grünen. Damals lag Grünau noch weit vor den Toren der Stadt und wurde so zur beliebten Ausflugsoase an der Dahme.
Hier gründete Otto Kerger 1870 sein „Kaffeehaus mit Konditorei“. Er lud seine Gäste zu frisch gebrühtem Kaffee und hauseigenem Gebäck ein. Nach über 30 Jahren Gastronomie suchte Otto Kerger einen Käufer für sein Kaffeehaus und fand diese in Paul und Anna Liebig aus Warmbrunn in Schlesien. Sie unterschrieben 1903 den Kaufvertrag und betrieben das Kaffeehaus weiter. Nach dem ersten Weltkrieg musste sich Familie Liebig etwas einfallen lassen. Die Menschen sehnten sich nach der „guten alten Zeit„ und so kamen die Liebigs auf die Idee, das Kaffeehaus im Jugendstil wieder zu beleben. Das „Kaffeehaus“ wurde zum „Café Liebig“.
1940, nach Paul Liebigs Tod, übernahm seine älteste Tochter das Café. Sogar die Bewirtschaftung in Mitte der 1950er Jahre von der Handelsorganisation der DDR tat dem Café Liebig keinen Abbruch. Schließlich gab es immer ein Familienmitglied der Familie Liebig, die dort arbeitete. Zuletzt war es Paul Liebigs Enkelin Ingrid. Die Weitergabe von Handlungsmustern lösen sich immer mehr auf und so wurden im Jahr 2019 neue Betreiber gesucht. So kam das Café Liebig in liebevolle und kulinarisch anmutende Hände von Fred und Niklas. Die stilvolle Gestaltung des Cafés aus vergangener Zeit ist bis heute erhalten geblieben.
Die wunderbaren Glasornamente, die Spiegelsäulen und die Kristallbusen an der Decke stammen aus Familie Liebigs Zeiten, die Registrierkasse von 1898 und das mächtige Holzbüffet sind hingegen von Otto Kerger. Beide trugen zum königlichem Ambiente bei. Ein guter Beweggrund, dem Ganzen noch ein Krönchen aufzusetzen, wie es Fred und Niklas tun. Nämlich durch die Decken-Krone, die nicht nur ins Auge fällt, sondern das ganze Ambiente abrundet.
Die kulinarischen Meister Fred und Niklas harmonieren in ihrer Individualität. Eine Reise durch die Speisekarte ergötzte den Gaumen und erfreute die Augen. Das Sellerie-Schnitzel könnte sogar Anlass geben, auf Fleisch verzichten zu können. Wogegen der verführerische Duft der Wildbratwurst vom Nebenteller, dem Verzicht keine Chance gibt. Kommt die Crème brûlée mit saisonalem Obst zum Abschluss, schlägt das Gourmet Herz endgültig schneller. Niklas der waschechte und Fred der zugezogene Berliner haben ihre Liebe zum Café Liebig wieder in den kongruenten Einklang gebracht. Passend zum 150-jährigen Jubiläum konnten sie im Juni 2020 das Café Liebig in neuem Glanz eröffnen.