Kunst in Kapellen – BERLIN

Kunst in Kapellen – BERLIN

Spektakuläre Lösungen bei der Restaurierung bzw. Rekonstruktion zweier barocker Auferstehungsszenen aus Grabkapellen von Johann Georg Glume seit Juni 2021 im Museum Nikolaikirche Berlin.

Seit Juni 2021 sind in der Berliner Nikolaikirche die frisch restaurierten bzw. rekonstruierten künstlerischen Ausstattungen zweier barocker Grabkapellen von Johann Georg Glume (16791765) zu sehen. Diese mit reichem Skulpturen- und Bilderschmuck ausgeführten Gesamtkunstwerke des Berliner Hofbildhauers und Architekten – Schüler und Nachfolger des Barockbaumeisters Andreas Schlüter – wurden zwischen 1713 und 1732 für die Familien Kraut und Schindler aus dem wirtschaftlichen und politischen Umfeld des brandenburgisch-preußischen Hofes geschaffen. Beide Kapellen galten bis zur Zerstörung der Nikolaikirche 1945 als bedeutendste Schöpfungen der Grabmalkunst in der Mark Brandenburg, und beide vermitteln auf unterschiedliche Weise heute wieder einen lebendigen Eindruck jener barocken Raumkunst, wie sie im nahegelegenen Berliner Schloss durch Krieg und Sprengung verloren gegangen ist.

Neuinszenierung aus historischen Skulptur-Fragmenten in der Kapelle Schindler

Die architektonisch aufwändige Schindler-Kapelle stand seit dem Wiederaufbau der Nikolaikirche leer, ihre bedeutenden Skulpturen galten als unwiederbringlich zerstört. Dennoch wurde 2016 unter Beteiligung verschiedenster Fachleute eine Konzeption erarbeitet, wie mit den nur unvollständig erhaltenen, aber qualitativ hochwertigen Skulpturenfragmenten umgegangen werden könnte. Dabei orientierte man sich an früheren Restaurierungs- und Rekonstruktionsprojekten in der Nikolaikirche, die neben denkmalfachlichen- auch museumsdidaktische Aspekte berücksichtigt und damit eigene Wege des Umgangs mit dem Fragment beschritten haben.

Der Wiederaufbau der Schindler-Kapelle wurde unter Projektleitung und mit Mitteln der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen geplant und fertiggestellt. Für das vom Berliner Landesdenkmalamt denkmalfachlich begleitete Konzept wurde von Eckhardt Böhm und Gunilla Mihan (BMP Konservierung und Restaurierung GmbH) die Fachplanung erstellt und die Ausschreibung der Restaurierungsleistungen vorbereitet. Mit der Umsetzung wurden die Diplom-Restauratoren Manfred Sährig und Thomas Schubert beauftragt.

Bemerkenswert ist, dass die Planungen von vorneherein Momente vorsahen, an denen auf Basis der bis dahin erzielten Ergebnisse auch alternative Varianten des weiteren Vorgehens diskutiert und beschlossen werden konnten. Die außerordentlich gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten ermöglichte, dass sich das Projekt dynamisch auf das heutige, höchst überzeugende Ergebnis hin entwickeln konnte. An dieser Stelle wird dankend die Bereitschaft der zuständigen Mitarbeiter:innen der Senatsverwaltung hervorgehoben, die diese Dynamik ermöglicht zu haben.

Senatsbaudirektorin Regula Lüscher: „Es ist etwas ganz Besonderes, einem leeren Kapellenraum einer Kirche seine Gestaltung wiederzugeben. Mit der Wiederzusammensetzung der nun restaurierten und konservierten 240 Fragmente in der Schindlerkapelle ist das beeindruckend gelungen. Ich freue mich, dass unsere Stadt ein sepulkrales, historisches Gesamtkunstwerk zurückbekommen hat und dass meine Verwaltung dazu beitragen konnte.“

Die Wirkung der künstlerisch großartigen Skulptur des auferstandenen Jesus Christus, der sich über der bühnenartigen Grabarchitektur aus Buntkalkstein erhebt und von einer Gloriole aus Wolken und hervorbrechenden Sonnenstrahlen umgeben ist, wird heute wieder durch die Einbeziehung des tageszeitlich wechselnden Sonnenstandes unterstrichen. Wie zu Glumes Zeiten taucht die farbige Verglasung der Fenster die Auferstehungs-Szene im Zentrum der Kapelle in warme Gelb- und von den Seiten her in kühle Blautöne. Dieses „barocke Lichttheater“ verleiht der Szene einen zusätzlich theatralisch-changierenden Gestus. Die Köpfe der beiden Engel wurden in den 1970er Jahren abgeschlagen und gestohlen (wie Fotos von 1969 beweisen). Vielleicht lassen sie sich an einem bis dato noch unbekannten öffentlichen oder privaten Ort wieder auffinden.

Wechselnde Interpretationen zeitgenössischer Kunst in der Kapelle Kraut

Beim Wiederaufbau der Nikolaikirche wurden zwar die Skulpturen sowie Teile der Raumdekoration der ebenfalls von Johann Georg Glume geschaffenen Kapelle Kraut weitgehend restauriert und rekonstruiert, nicht jedoch die zerstörten Decken- und Wandmalereien. Dadurch war seit dem Verlust einer Auferstehungsszene als dem zentralen Gemälde nicht nur ein bedeutsamer Bestandteil des Raumkunstwerks verloren, sondern das ikonografische Gesamtprogramm Glumes nicht mehr nachvollziehbar. Nachdem die Kapelle im Auftrag und aus Mitteln der Berliner Immobilien Management GmbH (BIM) baulich saniert und neu ausgemalt werden konnte, fiel der Verlust des Gemäldes noch deutlicher ins Gewicht. Um diese Leerstelle zu füllen und neue Sichtweisen auf ein wesentliches Thema der lutherischen Memorialkunst zu geben, ist das Projekt KUNSTRAUM KRAUT entstanden: Zeitgenössische Künstler:innen unterschiedlicher künstlerischer Sprachen und weltanschaulicher Herkünfte wurden eingeladen, sich der Auferstehungs-lkonographie in direkter Interaktion mit dem barocken Raum- und Bildprogramm der Kraut-Kapelle zu nähern. Folgende Teilnehmer:innen wurden dafür gewonnen (einzeln oder im Kollektiv): Sabine Herrmann, Christa Jeitner, Klaus Killisch, Doris Leue, Nikolai Makarov, Markus Rheinfurth, Hans Scheib, Johanna Staniczek, Robert Weber 

„So, wie jede Restaurierung – gleich ob sie puristisch konservierend angelegt ist oder ergänzende Zutaten zulässt – eine Interpretation des zu restaurierenden Werkes einschließt, die vom jeweiligen Zeitgeist bestimmt ist, so ist auch Denkmalpflege mehr als das Befolgen eines statischen Regelwerks. Für meine Sicht kann Restaurierung und Denkmalpflege daher auch beinhalten, Fehlstellen oder Alterungsmerkmale von Kunstwerken zu respektieren und gleichzeitig die ihnen vormals zugedachten Aussagen lebendig werden zu lassen, ihnen gleichsam ihre verlorene Sprache zurückzugeben oder diese Sprache ins Heutige zu übersetzen”, so Albrecht Henkys, Kurator des Museums Nikolaikirche und Initiator beider Kapellen-Projekte.

Ab 5. Juni 2021 ist die erste künstlerische Auferstehungs-Interpretation des Projekts KUNSTRAUM KRAUT in der barocken Grabkapelle zu entdecken. Nacheinander werden für jeweils ca. acht Wochen die Arbeiten der beteiligten Künstler:innen zu sehen sein. Zugrunde liegt dem Projekt die Fragestellung, wie wir heute mit den Leerstellen zerstörter Kunstwerke und Kulturgüter umgehen wollen. Es soll einen Denkraum eröffnen, den Diskurs über experimentelle Wege in der Denkmalpflege zu fördern und dabei auch Angebote machen, die historischen Kunstwerke neu lesbar werden zu lassen. Gestartet wird mit dem Gemälde „Eine Auferstehung“, das in Zusammenarbeit zwischen den Künstlern Hans Scheib und Robert Weber entstanden ist.

Doris Leue im „Kunstraum Kraut“

Zweite Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist vom 10. August bis 4. Oktober 2021 in einer Interpretation der Künstlerin Doris Leue zu sehen.

Mit augenzwinkernden Humor und Lust am fantasievollen Erzählen wendet Doris Leue (geb. 1954) das dramatische Pathos des verlorenen barocken Wandbildes ins unbeschwert Heitere. Dabei greift sie die historische Szene direkt auf und verlagert sie in den unteren Bildbereich.

Zwischen den Wachleuten, die hier mehr purzeln als fallen, eher schlafend erscheinen als geschlagen, tritt Christus freundlich hervor. Auf dem Rand seines offenen Grabes balancierend, hebt er die Hand zum Gruß, die andere hält ein Mikrofon.

Darüber sind die Lüfte voller Engel. Die Künstlerin hat sie aus dem Chor der Kirche hierhergeholt, wo Engelsfiguren eines zerstörten Altars auf eine Weise inszeniert sind, dass sie zu schweben scheinen. So fröhlich umschwirren sie den Auferstandenen, dass man fast meinen könnte, sie singen zu hören: Jesus Christ Superstar! Eine Erfolgsgeschichte – nicht nur im Musical.

Sabine Herrmann im „Kunstraum Kraut“

Dritte Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist ab dem 5. Oktober in einer Interpretation der Künstlerin Sabine Herrmann zu sehen.

Das Bild ist Teil einer Serie von sieben Variationen zum Thema Auferstehung, nacheinander präsentiert von sieben Künstlerinnen und Künstlerin im „Kunstraum Kraut“. In diesem Projekt geht es darum, sich dem Denkmal künstlerisch anzunähern und sich aus zeitgenössischer Sicht mit einer historischen Fehlstelle auseinanderzusetzen. Dabei geht es nicht darum, diese zu rekonstruieren, sondern zu kommentieren und eine Raumsituation zu erarbeiten, die das Thema des verlorenen Bildes in der Kapelle Kraut, die Auferstehung Christi, im Blickwinkel von heute zu interpretieren.

Noli me tangere

Zu den biblischen Geschichten zur Auferstehung gehört die Begegnung des Erlösers mit den Frauen. Als Maria Magdalena in der Erzählung des Evangelisten Johannes am Morgen des Ostertages das Grab von Jesus leer vorfindet, wendet sie sich an einen Mann in der Nähe. In ihm erkennt sie den Totgeglaubten erst, als er sie beim Namen nennt. Maria Magdalena will Jesus umarmen, doch er weist sie mit den Worten „noli me tangere“ (berühre mich nicht) ab. Interessant sind die unterschiedlichen historischen Übersetzungen und Deutungen dieser Erzählung. Alle spielen auf die Frage nach der wirklichen Anwesenheit des auferstandenen Jesus Christus an. Auch der Maler des zerstörten barocken Wandbildes hatte den Widerspruch von dessen anwesender und zugleich abwesender Körperlichkeit angedeutet, indem er ihn über dem Boden schweben ließ.

Das christliche Erlösungsversprechen wird von Sabine Herrmann im Sinne des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel zu einem zeitgemäßen Entwurf spiritueller Existenz umgedeutet. Sie ersetzt eine Abbildung des „Unbegreiflichen“ durch die in Licht und Farbe aufscheinenden Worte „noli me tangere“. Auf diese Weise nähert sie sich der Fehlstelle im historischen Raumkonzept an.

Ihr Malprozess ist eine wiederkehrende Beschäftigung mit historischen Maltechniken: selbstangerührte Pigmente und eine besondere Schichttechnik, die sich auf großen Papierbahnen ausbreitet. Mit Vertreiberpinsel, Schwamm und Bürste und gelegentlich sogar nur mit den Händen werden die gelösten Farb-Pigmente aufgebracht und in das Büttenpapier eingetragen. Die Bilder gewinnen dadurch eine atmende Oberfläche. Im Zentrum dieser Technik steht die intensive Auseinandersetzung mit Farbklängen. Die Malerei lässt sich somit als vielschichtiger Erinnerungsvorgang lesen.

Nikolai Makarov im „Kunstraum Kraut“

Vierte Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist vom 30. November 2021 bis zum 23. Januar 2022 in einer Interpretation des Künstlers Nikolai Makarov zu sehen.

Mit seiner besonderen Technik ist Makarov ein Maler des Lichts. Nicht in klaren Konturen, sondern ins Räumliche aufgelöst und von innen heraus leuchtend scheinen seine Figuren vor den Betrachtenden auf. Vergeblich sucht das Auge auf dem Malgrund nach Halt.

„Voskresheniye“

Mit seinem Gemälde „Voskresheniye“ (dt: Auferstehung) reagiert Makarov gleich in doppelter Weise auf die vorgefundene Situation: Zum einen zitiert es das verlorene Wandbild und lässt es hier, am Ort seines Verlusts, wie eine Vision noch einmal aufscheinen.

Zum anderen steigert Makarov die Botschaft des unbekannten Künstlers aus der Barockzeit, von dem das ursprüngliche Gemälde stammte. Dieser ließ den Auferstandenen Jesus Christus schweben, um so den Widerspruch von dessen anwesend-abwesender Körperlichkeit auszudrücken. Bei Makarov tritt er uns nun fast gänzlich entstofflicht gegenüber.

Klaus Killisch und Markus Rheinfurth im „Kunstraum Kraut“

Fünfte Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist vom 25. Januar bis zum 20. März in einer gemeinsamen Interpretation der Künstler Klaus Killisch (geb. 1959) und Markus Rheinfurth (geb. 1969) zu sehen.

Mit ihrem Werk „fragments“ nähern sich die beiden dem Thema des verlorenen Barock-Gemäldes auf abstrakte Weise an – in einer leuchtend farbigen Collage aus Malerei mit darauf angebrachten objekthaften Bildelementen und dem Lichtstrahl einer LED-Röhre. Dabei scheint von der Erzählung des ursprünglichen Bildes nicht viel übrig zu bleiben.

Schaut man jedoch genauer hin, sind das dramatisch hochgerissene Grabtuch des auferstandenen Jesus Christus zu erkennen, sein Lendentuch und auch das Gewand eines Engels – die materiellen Zeugnisse des Unfasslichen. Dazwischen ein Blitz. Symbolisiert er die Dramatik und Energie, von der die barocke Szene einst geprägt war? Oder ist es ein Lichtstrahl, der auf Christi Himmelfahrt verweist? Das Licht, von dem Christus in der Bibel spricht: „Ich bin das Licht der Welt“?

Johanna Staniczek im „Kunstraum Kraut“

Sechste Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist vom 22. März bis 11. Mai in einer Interpretation der Künstlerin Johanna Staniczek (geb. 1959) zu sehen.

„Du, den ich nicht habe retten können, höre mich an“, heißt es in einem Gedicht des polnischen Lyrikers Czesław Miłosz, und an anderer Stelle: „Ich spreche schweigend zu Dir, wie die Wolke oder der Baum“. Von diesen Versen inspiriert, sinnt die Künstlerin über das Verschwinden, den Tod nach, erinnert sich an den kindlichen Wunsch nach Wiederkehr, nach Auferstehung. Dabei sieht sie die Menschen mit ihren Vorstellungen und Wünschen als Teil der Natur.

Indem sie sich mit ihrem Bild in die Landschaft ihrer Kindheit versetzt und diese zu einem Traumbild verdichtet, schafft sie Raum für eine Vielfalt an Symbolen: das aufsteigende Licht und das herabfließende Wasser als Quellen des Lebens, der Wald als Sinnbild für Lebenskraft und Vergänglichkeit, aber auch Ruhe und Geborgenheit, schließlich die am Boden blühenden Pflanzen. Wie in der Malerei des Mittelalters erzählen sie von der Überwindung des Todes.

Dies gilt auch für die Wahl der Farben. Sie erinnern einerseits an die barocke Farbigkeit der Kraut-Kapelle, an den thüringischen Buntkalkstein ihrer Grabarchitektur, andererseits sind auch sie von hoher Symbolkraft: der Blick in den heranbrechenden Morgen mit Weiß als Farbe des Lichts, aber auch des Nichts, und tiefem Blau für die vergehende Sternennacht, für Unendlichkeit und Geborgenheit – oder vielleicht sogar für den Schutzmantel der Maria?

Über die Künstlerin

Johanna Staniczek wurde 1959 bei Kattowitz (Katowice, Polen) geboren und siedelte mit ihren Eltern 1963 in die Schwäbische Alb um. 1979 nahm sie ein Studium an der Freien Kunstschule Stuttgart auf und wechselte 1981 an die Hochschule der Künste (HdK) in West-Berlin, wo sie 1988 ihr Studium der Freien Malerei ab- und ein Meisterstudium anschloss. 1992 bis 1998 war sie künstlerische Mitarbeiterin an der HdK, ab 1999 dort Gastdozentin und ab 2001 Professorin für Malerei und Grafik am Institut für Kunstpädagogik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seit 2020 arbeitet sie als freie Künstlerin in Berlin.

 Christa Jeitner im „Kunstraum Kraut“

Siebte Variation zur Auferstehung – drei weitere Präsentationen ab Juli

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist vom 13. Mai bis zum 5. Juli in einer Interpretation von Christa Jeitner zu sehen.

Die Künstlerin sieht sich zu keiner Form von Wiederholung des verlorenen Auferstehungsgemäldes veranlasst, auch nicht als zeitgenössische oder abstrahierende Interpretation. Ihr Thema ist der Verlust. Nur unzureichend verhüllt sie die nackte Wand, die vormals im Zentrum der Kapellengestaltung stand. Das Bild der Hoffnung bleibt zerstört. Verstörend auch der herabgefallene Korpus. Ein Schmerzenssignal. Was Hoffnung für eine Umkehr der Welt geben sollte, sinkt ab in Bedeutungslosigkeit. Kann daraus noch einmal etwas erwachsen?i

Über die Künstlerin

Christa Jeitner (geboren 1935) lebt und arbeitet in Blumberg bei Berlin. Sie studierte zunächst an der Kunsthochschule Berlin (Ost), danach an der Hochschule der Künste Berlin (West). Später trat neben ihre künstlerische Arbeit die Betreuung des mittelalterlichen Textilschatzes des Domstifts Brandenburg. Dort wirkte sie als Restauratorin und Textilforscherin und wurde auch für das Stadtmuseum Berlin zu einer wichtigen Beraterin. Seit den 1980er Jahren findet Christa Jeitner als Künstlerin weithin gestiegene Beachtung. Sie entwickelte schon früh eine eigene Form der Abstraktion mit textilen und anderen Materialien.

Helen Verhoeven im „Kunstraum Kraut“

Achte Variation zur Auferstehung im Museum Nikolaikirche

Die im Zweiten Weltkrieg zerstörte „Auferstehung Christi“ in der Kraut-Kapelle des Museums Nikolaikirche ist vom 8. Juli bis zum 4. September in einer Interpretation von Helen Verhoeven zu sehen.

Eine bedrückende Szene: Im Vordergrund Golgatha, die Schädelstätte. Auf einem Leintuch, ins Bild ragend: die Füße des gekreuzigten Jesus Christus? Eine Auferstehung ist hier nicht zu erwarten. Auch sonst ist von Erlösung nichts zu spüren. Vom Tod Gezeichnete, zumeist Männer, waten im bodenlosen Sumpf einer Zwischenwelt, verharren hilflos oder versuchen zu entkommen. Wie das Jüngste Gericht ohne Richter.

Memento mori – das Bild einer Gesellschaft, die nichts begriffen hat. Was bleibt von all der Herrlichkeit am Ende eines Lebens ohne Orientierung? Woraus Hoffnung nehmen?

Über die Künstlerin

Die 1974 in Leiden (Niederlande) geborene Helen Verhoeven wuchs in den Niederlanden und den USA auf. 1996 begann sie ihr Studium amSan Francisco Art Institute, setzte es 2001 an der New York Academy of Art fort und schloss es 2006 an der Rijksakademie van Beeldende Kunsten in Amsterdam ab. Die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin und blickt auf zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen zurück, unter anderem in den USA, der Schweiz, den Niederlanden und Deutschland. Ihre Werke sind in internationalen öffentlichen Sammlungen vertreten.