Viele von Ihnen erinnern sich sicherlich noch an die so wunderbar aufgenommene Zukunft-Kultur-Produktion Orfeo im Hofspielhaus im Frühjahr 2018. Die Fortsetzung folgt – bald! Denn beide Seiten hatten nach der beglückenden Kooperation große Lust auf weitere gemeinsame Projekte.
Den perfekten Anlass bietet das Jubiläum 200 Jahre West-östlicher Divan. Schließlich ist Goethes epochaler Gedichtband nicht nur ein Stück Weltliteratur im besten Sinne, sondern auch eine bedeutende frühe Kulturbrücke zwischen Orient und Okzident.
In den vergangenen Wochen haben Cornelia Lanz (Mezzosopran) und Hofspielhaus-Chefin Christiane Brammer sowie Walaa Kanaieh, Wissam Kanaieh (Syrien/München) und Lisa Salman (Irak/München) das Programm für einen kulinarischen Lieder- und Rezitationsabend zusammengestellt. West-östlicher Divan verbindet Texte aus dem Buch Jesaja, dem Gilgamesch-Epos, der babylonischen Klage um Tammuz und dem Sonnengesang des Echnathon, die schon Goethe inspirierten, mit Divan-Vertonungen von Franz Schubert, Robert Schumann, Richard Strauss und Hugo Wolf. Außerdem liest Christiane Brammer aus dem Briefwechsel von Goethe mit Marianne von Willemer.
Für die ebenso passende wie köstliche kulinarische Begleitung sorgt die Familie Kanaieh – mit Spezialitäten, in der westliche und arabische Küche freundschaftlich aufeinandertreffen. Premiere ist am Mittwoch, 6. November 2019. Im Anschluss an die Aufführungen finden jeweils Kamingespräche mit Schülern und Geflüchteten statt.
Zukunft Kultur e.V. und Hofspielhaus München präsentieren
West-östlicher Divan – kulinarisch-literarisches Konzert
Premiere am Mittwoch, 6. November 2019 um 19:30 Uhr, Hofspielhaus München
weitere Vorstellungen: Samstag, 9. November 2019 um 19:30 Uhr & Sonntag, 10. November 2019 um 11:00 Uhr
Wiederaufnahme 2020: Frühling 2020 Nazarethkirche München im Rahmen des nazareth.projekt – genauer Termin wird noch bekanntgegeben / Mittwoch, 3. Juni 2020, Jubiläum des Freundeskreises des Behandlungszentrums für Folteropfer, Großer Theatersaal an der Waldorfschule Römerstraße in Ulm
Divan-Vertonungen von Franz Schubert, Robert Schumann, Richard Strauss und Hugo Wolf
Cornelia Lanz (Mezzosopran), Yukiko Naito-Fendrich (Klavier), Maged Kildan (Kanun und Oud)
Texte: Auszüge aus dem Buch Jesaja, dem Gilgamesch-Epos, der babylonischen Klage um Tammuz und dem Sonnengesang des Echnathon sowie aus dem Briefwechsel von Goethe mit Marianne von Willemer
Rezitation: Christiane Brammer (Hofspielhaus München), Walaa Kanaieh, Wissam Kanaieh und Lisa Salman (Geflüchtete, Zukunft Kultur München)
„Wer sich selbst und andere kennt / Wird auch hier erkennen / Orient und Okzident / Sind nicht mehr zu trennen.“ Welch schönere Begründung für ein europäisch-arabisches Gemeinschaftsprojekt könnte es geben als diese Zeilen aus Goethes West-östlichem Divan? Erschienen im August 1819 in den Tagen um Goethes 70. Geburtstag, wirkt diese Gedichtsammlung heute nicht nur frisch wie am ersten Tag. Die Neugier, Offenheit und Warmherzigkeit, mit der sich der Weltbürger Goethe dem Islam und einer ihm fremden Kultur nähert, sind bis heute beispielhaft.
Schon die Enstehungsgeschichte dieses Werkes ist besonders. Schließlich ist sie eng mit einer späten Liebesgeschichte verbunden. Vom 12. August bis zum 18. September 1815 ist Goethe zu Gast bei dem Frankfurter Ehepaar von Willemer, zumeist auf deren Landgut, der Gerbermühle am Main. Goethe verliebt sich in Marianne von Willemer, die selbst beträchtliches poetisches Talent besitzt. Kaum verschlüsselt huldigt er der 35 Jahre jüngeren Frau in einem der zwölf Divan-„Bücher“ – Suleika. Mehr noch und absolut einzigartig in seinem Werk: Marianne von Willemer ist die eigentliche Autorin mehrerer Divan-Gedichte, wie erst postum bekannt wird.
Das kulinarisch-literarische Konzert West-östlicher Divan erweist Goethes Opus Magnum musikalisch und literarisch seine Reverenz. Cornelia Lanz (Mezzosopran) und Yukiko Naito-Fendrich (Klavier) bringen Divan-Gedichte von Goethe in Vertonungen von Franz Schubert, Robert Schumann, Richard Strauss und Hugo Wolf zum Klingen. Von Goethe sind außerdem Passagen aus dem Briefwechsel mit Marianne von Willemer zu hören, gelesen von Hofspielhaus-Chefin Christiane Brammer. Sie wird auch die deutschen Übersetzungen von Texten lesen, die zuerst auf Arabisch vorgetragen werden, darunter Auszüge aus dem Sonnengesang des Echnaton, dem Gilgamesch-Epos, dem Buch Jesaja und der babylonischen Klage um Tammuz. Die arabischen Fassungen rezitieren die Schwestern Walaa und Wissam Kanaieh sowie Lisa Salman. Live begleitet werden sie am Kanun, dem arabischen Hackbrett, und von der arabischen Laute, der Oud. Das Konzert kann man nicht nur hören und sehen, sondern auch schmecken und riechen, mit arabischen Spezialitäten von Familie Kanaieh.
Das Divan-Team
Seit 2014 ist Cornelia Lanz die Seele von Zuflucht Kultur – heute Zukunft Kultur. Als Produzentin, Leiterin, Initiatorin und Sängerin engagiert sie sich für die auch medial stark beachteten Opernproduktionen und musikalisch-literarischen Programme mit sozialpolitischer Note. Die international gefragte Mezzosopranistin tritt mit Orchestern wie dem Zürcher Kammerorchester, dem Kammerorchester der Münchner Philharmoniker oder den Berliner Symphoniker auf. Sie war unter anderem zu hören in der Tonhalle Zürich, dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg, dem Prinzregententheater München und in der Liederhalle Stuttgart. Sie sang beim Lucerne-Festival, bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen und beim Europäischen Kirchenmusikfestival Schwäbisch Gmünd. Beim Klassiklabel Animato sang sie die Titelrolle in Händels Oper Oreste ein. Ihr Lied-Debutalbum Carattere di Donne. Frauenrollen und Frauengestalten bei Schubert, Rossini und Verdi erschien bei Hänssler-Classic. Vor kurzem hat sie das Album Sie liebten sich beide mit Liedern von Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms eingespielt. Zuletzt drehte Cornelia Lanz auf Gran Canaria. Dort wirkte sie in der Hauptrolle der Brünnhilde mit bei einer Verfilmung der Walküre unter der Regie von Katharina Wagner für ein Gastspiel der Bayreuther Festspiele in Abu Dhabi.
Mehr Informationen: www.cornelia-lanz.com & www.zukunft-kultur.de
Yukiko Naito-Fendrich (Klavier), geboren in Nagoya/Japan, studierte nach dem Studium der Musikwissenschaft in Tokyo Klavier bei Jürgen Uhde und Liedbegleitung bei Konrad Richter in Stuttgart. Seitdem gibt sie Solo- und Kammermusikkonzerte in Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Japan. Sie trat als Mitglied der Stuttgarter Philharmoniker und als Duo-Partnerin von Hansheinz Schneeberger (Violine), Guillermo Anzorena (Bariton) und Markus Stange (Klavier) in Erscheinung.
Christiane Brammer (Rezitation & Intendantin Hofspielhaus München) studierte Gesang in Augsburg und München. Hineingeboren in eine Schauspielerfamilie, die mit einem eigenen Ensemble um die Welt reiste, ließ sie die Idee nie los, selbst ein Theater zu gründen. Im Jahre 2015 eröffnete Christiane Brammer das Hofspielhaus – das neue Theater im Herzen von München. Bekannt wurde die Theaterintendantin, Regisseurin und Schauspielerin durch ihre Fernsehrollen, unter anderem im Tatort und in der Serie Die Fallers im SWR.
Wissam Kanaieh (Rezitation arabisch) kam direkt nach ihrem Abitur nach Deutschland, zusammen mit ihrem Vater und ihrer Schwester Walaa. Sie spricht fließend Arabisch, Französisch und Englisch und liebt andere Sprachen und andere Kulturen. Mit ihrer wunderbaren Stimme tritt sie bei Konzerten von Zukunft Kultur mit arabischen Solos auf und gibt Workshops in Schulen, Flüchtlingsheimen und Universitäten. Sie betont stets das große Glück, ihre Gedanken in Deutschland frei äußern zu können und appelliert für Frieden, Völkerverständigung und Frauenrechte. Außer als Amor in Orfeo war sie in zwei Zukunft Kultur-Produktionen zu erleben: In Carmen sang sie die Rolle der Maria; im Februar 2019 stand sie im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg auf der Bühne, als Solistin in dem Projekt Sehnsucht.Musik.Ankunft. Ein Konzert der Kulturen, einer Koproduktion mit dem Department Kunstwissenschaften der Ludwig-Maximilian-Universität München sowie dem Deutschen Forum für Musik- und Theaterkultur. Zur Zeit macht Wissam eine Ausbildung zur Erzieherin.
Walaa Kanaieh (Rezitation arabisch) kam im März 2016 von Syrien nach Deutschland. Sie wuchs mit den Sprachen Französisch und Arabisch auf und spricht sehr gut Englisch. Ihr großes Sprachtalent möchte sie beruflich einsetzen und in einem Studium in Deutschland weiterbilden. Sie traf Cornelia Lanz beim Welcome Café der Münchner Kammerspiele und ist seitdem bei Projekten von Zukunft Kultur in tragenden Rollen auf der Bühne – in Carmen als Manuelita, in Orfeo als Al-Mitra und ebenfalls zuletzt als Solistin in Sehnsucht.Musik.Ankunft.. Ihre Motivation: Indem sie ihre Geschichte auf der Bühne und in einem freien, friedlichen Land erzählt, lernt sie, besser mit ihrer Vergangenheit umzugehen.
Lisa Salman (Rezitation arabisch) ist in Bagdad geboren und studierte dort Informatik. Vor 17 Jahren flüchtete die IT-Entwicklerin nach Deutschland. Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Bei Zukunft Kultur München kann sie ihren alten Traum verwirklichen, selbst auf der Bühne zu stehen – zusammen mit Gleichgesinnten, die wie sie den Brückenschlag zwischen den Kulturen suchen.
Titelbild: WEST-ÖSTLICHER_DIVAN_Ensemble_Foto_Lisa Atzenbeck