Zukunft Kultur – Orfeo. Eine transkulturelle Oper

Zukunft Kultur – Orfeo. Eine transkulturelle Oper

Nach der überaus erfolgreichen Premiere am Münchner Hofspielhaus und weiteren Stationen 2018 in Stuttgart und Tübingen feiert dieses Pasticcio um die tödliche Faszination von Ideologie nun Ende September seine Wiederaufnahme und Schweiz-Premiere.

Die beiden Vorstellungen in der legendären City-Kirche Offener St. Jakob (Verlinkung auf ) im Zentrum von Zürich bieten dem Schweizer Publikum eine seltene Gelegenheit, die Arbeit von Zukunft Kultur live zu erleben. Denn die viel beachteten Opernproduktionen des Vereins waren bislang zwar deutschlandweit von Berlin bis Oberschwaben zu sehen, aber bislang nur einmal in der Schweiz: im Sommer 2017, als Idomeneo zum Lucerne Festival eingeladen wurde.

Der Untertitel „Eine transkulturelle Oper“ weist nicht nur auf die vielfältigen musikalischen Quellen hin, aus denen sich das Programm speist und die Claudio Monteverdi, C. W. Gluck, C. H. Graun und Joseph Haydn mit arabischem Rap und orientalischen Volksliedern kombinieren. Die Koproduktion mit dem Hofspielhaus München vereint Zukunft Kultur-typisch ein buntes interkulturelles Team aus Opernprofis und geflüchteten Darstellern auf der Bühne – beziehungsweise in diesem Fall in dem großen, frei geräumten Kirchenraum von St. Jakob.
Zukunft Kultur ist glücklich, Orfeo gerade an dieser Spielstätte zeigen zu können! Nicht nur stieß die Anfrage für das Gastspiel bei Pfarrerin Verena Mühlethaler sofort auf offene Ohren. Beide Organisationen verbinden die gleichen Werte und Schwerpunkte: der Dialog der Kulturen und die Überzeugung, dass unsere Gesellschaft nichts nötiger hat als Toleranz und Mitmenschlichkeit.

Monteverdi, Graun, Gluck, Haydn
Orfeo. Eine transkulturelle Oper
Eine Gemeinschaftsproduktion von Zukunft Kultur e.V. und Hofspielhaus München

Freitag, 27. September 2019 um 20:00 Uhr 
Samstag, 28. September 2019 um 19:00 Uhr
Offener St. Jakob, Stauffacherstr. 24, 8001 Zürich

Orfeo: Cornelia Lanz (Mezzosopran)
Eurydike: Sela Bieri (Sopran)
Al Mustafa: Ayden Antanyos (Schauspieler)
Al Mitra: Wisam Kanaieh (Sängerin, Sprecherin)
Amor: Walaa Kanaieh (Sängerin, Sprecherin)
Pluton: Maher Hamida (Rapper, Sprecher)
Musikalische Leitung / Piano / Akkordeon: Norbert Groh
Violine: Esther Schöpf
Regie: Annette Lubosch
Bühne: Annette Lubosch, Peter Schultze und Jonas Klein (Graffiti)
Kostüme: SWR / Christiane Brammer
Dramaturgie: Sascha Fersch
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit: Nicola Steller & Angela Maria Nyffeler
Produktionsleitung: Cornelia Lanz & Sela Bieri

Mit herzlichem Dank an unsere Veranstalter und Unterstützer:
Datio Stiftung Zürich, Reformierte Kirche Offener St. Jakob Zürich, Verein kulturmomente Dübendorf

Orfeo: Die ideale Vorlage
Der antike Mythos bietet die perfekte Folie für eine Art des Verschwindens, die unsere Gesellschaft derzeit stark beschäftigt: Warum erliegen – immer wieder auch Frauen – der Faszination des IS? Warum reisen so viele junge Menschen in die Bürgerkriegsgebiete des Nahen Ostens, um sich Terroristen anzuschließen? Und wie kann es gelingen, sie wieder zurückzuholen und vom Wert der Demokratie und des Friedens zu überzeugen?
In dieser Neuinterpretation des Stoffes will Orfeo Eurydike folgerichtig aus der Verstrickung in den IS befreien. Die Grundlage schafft eine Collage aus Vertonungen und Texten. Dazu gehören Bearbeitungen von Claudio Monteverdi, Carl Heinrich Graun, Christoph Willibald Gluck und Joseph Haydn ebenso wie gesprochene Passagen aus Büchern von Khalil Gibran, Abu Temmam, Orhan Pamuk und Frauen für den Dschihad. Dieses Manifest der Al-Khansaa-Brigade, einer rein weiblichen Einheit der Terrororganisation IS, beschreibt den Alltag und die Rolle der Frauen im selbsternannten Kalifat.

Orfeo: Eine neue Perspektive
Auf der Bühne hat sich Zuflucht Kultur in den vergangenen Jahren intensiv mit persönlichen Geschichten von Flucht und Ankunft in Deutschland, dem mühsamen Weg zu Anerkennung und Integration auseinandergesetzt. Wie Orpheus wenden wir mit dieser Produktion den Blick zum ersten Mal in die entgegengesetzte Richtung. Was ist mit den (jungen) Menschen, die den Frieden und die Sicherheit Europas ablehnen? Die heimlich ausreisen in die Kampfgebiete des Nahen Ostens – in merkwürdige, zerbombte Transitzonen, die nach Jahren des Bürgerkriegs tatsächlich mehr der Unterwelt gleichen als den pulsierenden Metropolen, die sie einmal waren. Der schlichte Bühnenraum bietet die ideale Location für dieses Setting: Ein paar Gebäudereste aus Beton – irgendwo zwischen Ruine und Wohlstandsmüll – schaffen zusammen mit Videoprojektionen zusätzliche Erzähl-Ebenen, zwischen Leben und Tod, zwischen Krieg und Frieden.

Orfeo: Ein Orpheus für unsere Zeit
Al-Mustafa sitzt am Meer und wartet. Bei ihm ist eine Gruppe Geflüchteter. Er erzählt ihnen eine Geschichte über die Liebe und den Tod. Orfeos Geliebte Eurydike ist plötzlich in einen religiösen Wahn verfallen und ist verschwunden. Sie wird in Syrien gesehen, mitten im Kriegsgebiet. Ist sie etwa freiwillig dort? Auf den Rat von Amor und Al-Mitra folgt ihr Orfeo dorthin. In den zerstörten Städten zwischen all den Toten findet er sie schließlich. Da stellt Pluton eine harte Bedingung: Auf dem ganzen Heimweg kein einziger Blickkontakt zwischen den zwei Liebenden.

Szenenfotos von Stefanie Simbeck

Orfeo: Das künstlerische Team

Norbert Groh (Musikalische Leitung)
studierte Klavier und Kammermusik an der Hochschule für Musik und Theater in München sowie der Hochschule für Musik Karlsruhe und vertiefte seine Kenntnisse in Meisterkursen bei Oleg Maisenberg und Vitaly Margulis. Nach seinem Konzertexamen nahm er ein Dirigierstudium am Richard-Strauss-Konservatorium München bei Ulrich Weder auf, das ihn bald an die Städtischen Bühnen Augsburg und an die Bayerische Staatsoper führte. Neben seiner Dozententätigkeit an der Hochschule für Musik und Theater München steht Norbert Groh heute als Kammermusiker, Solist und Dirigent auf nationalen wie internationalen Konzertpodien, darunter das Schleswig-Holstein-Festival, die Münchner Opernfestspiele, die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern und das Festival der amici della musica, Milano. Konzertreisen führten ihn unter anderem in die USA, nach Spanien, Finnland und Australien.
Mehr Informationen: www.info-musikleben.de

Annette Lubosch (Regie) studierte Musical am Tanz- und Gesangstudio Theater an der Wien sowie Operngesang an der Hochschule für Musik und Theater München. Engagements als Sängerin und Schauspielerin führten sie unter anderem zu den Bregenzer Festspielen, den Bad Hersfelder Festspielen, an das Residenztheater München, an die Alte Oper Frankfurt, an die Theater Augsburg, Görlitz, Göttingen sowie an die Philharmonie Berlin und die Philharmonie München. Ihr Debüt als Regisseurin gab Annette Lubosch mit dem Musical Hair. Darauf folgten Operetten wie Die Fledermaus oder Singspiele wie Zefix Halleluja – die vogelwilde Münchenrevue. Ein Dauerbrenner ist ihr Stück Peter Alexander – ein Leben, das im Hofspielhaus München seit Anfang 2016 zu sehen ist.
Mehr Informationen: www.annettelubosch.com

Sascha Fersch (Dramaturgie) arbeitete zwei Jahre lang als Regieassistent am Theater Ingolstadt. Darauf folgte ein Studium der Theaterwissenschaft, Philosophie und Europäischen Ethnologie mit einem Abschluss als Magister im Sommer 2016. Bereits während des Studiums veröffentlichte er drei Gedichtbände, drehte Kurzfilme und schrieb Drehbücher. Mittlerweile ist er hauptsächlich als Autor für Serienentwicklung und Werbung tätig, ist aber auch mit einer Lesung auf Tour sowie als Musiker in verschiedenen Formationen zu sehen.
Mehr Informationen: www.sascha-fersch.com  

Seit 2014 ist Cornelia Lanz die Seele von Zuflucht Kultur – heute Zukunft Kultur. Als Produzentin, Leiterin, Initiatorin und Sängerin engagiert sie sich für die auch medial stark beachteten Opernproduktionen und musikalisch-literarischen Programme mit sozialpolitischer Note. Die international gefragte Mezzosopranistin tritt mit Orchestern wie dem Zürcher Kammerorchester, dem Kammerorchester der Münchner Philharmoniker oder den Berliner Symphoniker auf. Sie war unter anderem zu hören in der Tonhalle Zürich, dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg, dem Prinzregententheater München und in der Liederhalle Stuttgart. Sie sang beim Lucerne-Festival, bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen und beim Europäischen Kirchenmusikfestival Schwäbisch Gmünd. Beim Klassiklabel Animato sang sie die Titelrolle in Händels Oper Oreste ein. Ihr Lied-Debutalbum Carattere di Donne. Frauenrollen und Frauengestalten bei Schubert, Rossini und Verdi erschien bei Hänssler-Classic. Vor kurzem hat sie das Album Sie liebten sich beide mit Liedern von Robert und Clara Schumann sowie Johannes Brahms eingespielt. Zuletzt drehte Cornelia Lanz auf Gran Canaria. Dort wirkte sie in der Hauptrolle der Brünnhilde mit bei einer Verfilmung der Walküre unter der Regie von Katharina Wagner für ein Gastspiel der Bayreuther Festspiele in Abu Dhabi.
Mehr Informationen: www.cornelia-lanz.com & www.zukunft-kultur.de

Die Schweizer Sopranistin Sela Bieri (Eurydike) studierte an der Zürcher Hochschule der Künste und debütierte im Sommer 2011 als Clarice in Mozarts Pasticcio Diener zweier Herren im Schloss Nymphenburg. Es folgten zahlreiche Gastspiele in Deutschland, Österreich und der Schweiz, unter anderem im Cuvilliés-Theater und dem Residenztheater München. Mit ihrem Solorecital Süße Gifte – Wenn Musik verführt trat sie bei den Festspielen Zürich und beim Altenberger Kultursommer auf. Sela Bieri ist Preisträgerin des Kiwanis Wettbewerbes 2010 und Stipendiatin der Stiftungen von Margrit Meister und Elsy Meyer sowie der Gamil Stiftung. 2014 spielte sie ihre erste CD mit dem Recital Im Zauberkreis der Nacht ein. Aktuell ist Sela Bieri als freischaffende Sängerin in Oper, Oratorium und Konzert zu hören.
Mehr Informationen: www.selabieri.com 

Der Iraker Ayden Antanyos (Al-Mustafa) wurde 1982 in Mosul geboren, wo er am Institute of Fine Arts mit der Regie für das Theaterstück Die Rückkehr der Pferde seine Hochschulreife erlangte. Anschließend studierte er an der Universität von Mossul Theaterwissenschaften mit Schwerpunkt Schauspiel und war gleichzeitig bei mehreren TV-Sendern als Kameramann, Cutter und Regisseur tätig. 2010 kam der irakische Christ über die Türkei, Griechenland und Frankreich nach Deutschland. Nach mehreren Sprach- und Weiterbildungskursen, unter anderem an der Ludwig-Maximilians-Universität München, arbeitet er heute als Kameramann. Vor Orfeo wirkte er bislang bei zwei Zuflucht Kultur-Produktion mit: in ZAIDE. EINE FLUCHT. als Soliman; in Idomeneo führte er die Live-Kamera.

Maher Hamida (Pluton) wurde in Syrien geboren und ging dort zur Schule. Im November 2016 kam er nach München. Er arbeitete als Koch und als Verkäufer. Mittlerweile besucht er wieder die Schule, um die Mittlere Reife zu machen. Seine große Leidenschaft und sein liebstes Hobby ist das Theaterspielen. Er stand bereits bei mehreren anderen Projekten des Vereins Zukunft Kultur auf der Bühne. Darüber hinaus interessiert er sich aber auch für HipHop und hat bereits eigene Rap-Texte auf Deutsch und Arabisch verfasst, die sich mit den Themen Flucht und Krieg auseinandersetzen.

Wissam Kanaieh (Amor) kam direkt nach ihrem Abitur nach Deutschland, zusammen mit ihrem Vater und ihrer Schwester Walaa. Sie spricht fließend Arabisch, Französisch und Englisch und liebt andere Sprachen und andere Kulturen. Mit ihrer wunderbaren Stimme tritt sie bei Konzerten von Zukunft Kultur mit arabischen Solos auf und gibt Workshops in Schulen, Flüchtlingsheimen und Universitäten. Sie betont stets das große Glück, ihre Gedanken in Deutschland frei äußern zu können und appelliert für Frieden, Völkerverständigung und Frauenrechte. Außer in Orfeo war sie in zwei Zukunft Kultur-Produktionen zu erleben: In Carmen sang sie die Rolle der Maria; im Februar 2019 stand sie im Hubertussaal von Schloss Nymphenburg auf der Bühne, als Solistin in dem Projekt Sehnsucht.Musik.Ankunft. Ein Konzert der Kulturen, einer Koproduktion mit dem Department Kunstwissenschaften der Ludwig-Maximilian-Universität München sowie dem Deutschen Forum für Musik- und Theaterkultur. Zur Zeit macht Wissam eine Ausbildung zur Erzieherin.

Walaa Kanaieh (Al-Mitra) kam im März 2016 von Syrien nach Deutschland. Sie wuchs mit den Sprachen Französisch und Arabisch auf und spricht sehr gut Englisch. Ihr großes Sprachtalent möchte sie beruflich einsetzen und in einem Studium in Deutschland weiterbilden. Sie traf Cornelia Lanz beim Welcome Café der Münchner Kammerspiele und ist seitdem bei Projekten von Zukunft Kultur in tragenden Rollen auf der Bühne – in Carmen als Manuelita und ebenfalls zuletzt als Solistin in Sehnsucht.Musik.Ankunft.. Ihre Motivation: Indem sie ihre Geschichte auf der Bühne und in einem freien, friedlichen Land erzählt, lernt sie, besser mit ihrer Vergangenheit umzugehen.

Esther Schöpf (Violine)
begann bereits mit vier Jahren, Geige zu spielen – und war bald Feuer und Flamme für die Musik. Sie studierte Violine und Kammermusik an den Konservatorien von München und Genf. Mit ihren Ensembles, dem Schwabinger Klaviertrio und dem Quartett nonSordino, ist sie als Kammermusikerin auf zahlreichen Bühnen und Festivals präsent, darunter die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern, die Würzburger Mozartfestspiele und der Heidelberger Frühling. Große Freude machen ihr besondere Projekte in Kooperation mit namhaften Sprechern und Schauspielern oder als Gast an renommierten Theatern wie dem Bayerischen Staatsschauspiel oder dem Schauspielhaus Zürich. Als Violinpädagogin unterrichtet sie außerdem am Institut für Musikpädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Mehr Informationen: www.info-musikleben.de

Szenenfotos von Stefanie Simbeck