ROUGHHOUSE – Richard Siegal / Ballet of Difference meets Schauspiel Köln

ROUGHHOUSE – Richard Siegal / Ballet of Difference meets Schauspiel Köln

kurz vor Weihnachten wird es noch einmal spannend bei Richard Siegal / Ballet of Difference. Denn am 20. Dezember 2018 feiert ROUGHHOUSEam Schauspiel Köln Premiere. Das neue Stück setzt die Serie von interdisziplinären Arbeiten fort, die zum Markenzeichen des preisgekrönten amerikanischen Choreographen geworden sind. Nach den Kunstformen Musik, Mode, Architektur und zuletzt Oper (Leonard Bernsteins Mass im Musiktheater im Revier Gelsenkirchen) hat sich der Wanderer zwischen den Genre-Welten nun die Sparte Schauspiel vorgenommen.

Eine künstlerische Entscheidung, die buchstäblich nahelag. Denn Siegals Ballet of Difference ist dem Schauspiel Köln und Tanz Köln in einer auf mehrere Jahre angelegten Kooperation verbunden. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Siegal kann in Köln neue Stücke entwickeln, während Schauspiel Köln und Tanz Köln nach längerer Pause wieder mit einer vor Ort produzierenden Kompanie zusammenarbeiten können.
In ROUGHHOUSE (früherer Arbeitstitel CROSSOVER) werden Siegals Tänzer*innen und fünf Schauspieler*innen des Kölner Ensembles zusammen auf der Bühne stehen. Gemeinsam erkunden die Akteure unsere postfaktische Gesellschaft und nutzen dazu ihr jahrelang perfektioniertes Handwerkszeug, den Körper und die Sprache. Schließlich ist die Art unserer Kommunikation – und allzuoft ihr Scheitern – ein Schlüssel zum Verständnis unserer erregten Gegenwart, in der Argumente zusehends an Boden verlieren und aufgepeitschte Gefühle zum Maßstab aller Dinge werden.

Seit Anfang November arbeitet Richard Siegal mit Schauspieler*innen des Kölner Ensembles und einer Auswahl von Tänzer*innen seiner Kompanie an dem Crossover-Projekt ROUGHHOUSE. Der Titel rührt von dem Verb „roughhousing“ her, das eine Art spielerisches Kämpfen bei Kindern bezeichnet. Und der Titel ist Programm: Voll atemloser Spielfreude taumeln Schauspieler*innen und Tänzer*innen über den instabilen Boden einer Medienwelt, in der Gewalt keine Konsequenzen zu haben scheint. In rasanten Schnitten voller Slapstick-Elemente und hintergründigem Humor inszeniert der US-amerikanische Choreograph die Begegnung zwischen Schauspiel und Tanz als doppelbödiges Spiel der Zeichen. Worte und Körper wirbeln über die Bühne. Überzeugungen werden unterlaufen. Wahrheiten erscheinen und vergehen. Alle kommunizieren, keiner versteht. Besser gesagt: jeder versteht etwas anderes. Jedem seine eigene Wahrheit. Aber ist ein Verstehen zwischen zwei Individuen überhaupt wahrscheinlich? Oder gar möglich? Ist Wahrheit noch eine stabile Kategorie des 21. Jahrhunderts? Und was würde der Verlust dieser Kategorien für eine Gesellschaft bedeuten?

Richard Siegal ist bekannt dafür, sich immer wieder auf unbekanntes Terrain zu wagen und neue Ästhetiken auszuprobieren. Für ROUGHHOUSE hat der Choreograph eigens einen Theatertext verfasst, in dem die Sprache als Werkzeug der Sinnvermittlung radikal in Frage gestellt wird. In dicht gepackten Szenen reden sich Schauspieler*innen und Tänzer*innen um Kopf und Kragen und berühren dabei doch die dringlichesten Diskurse der Mediengesellschaft unserer Zeit.

In ROUGHHOUSE setzt Siegal die Zusammenarbeit mit Künstler*innen fort, mit denen er bereits sehr erfolgreich bei Model, In Medias Res und El Dorado kollaboriert hat: Lorenzo Bianchi Hoesch (Musik), Gilles Gentner (Licht) und Lea Heutelbeck (Video). Das Kreativteam komplettieren Jens Kilian (Bühnenbild) und eine junge Mode-Designerin mit großer Zukunft, Flora Miranda. Im vergangenen Jahr gehörte sie zum exklusiven Kreis der sechs ausgewählten Künstler*innen für die Plattform Forecast am Haus der Kulturen der Welt, bei der sich Siegal als Mentor engagierte.

Über Richard Siegal

Richard Siegal sucht, in Zusammenarbeit mit Künstler*innen unterschiedlichster Disziplinen, dem zeitgenössischen Tanz ein neues Gesicht zu geben. Der amerikanische Tänzer und Choreograph stellte seine innovativen Projekte auf Festivals in der ganzen Welt vor und wurde hierfür mehrfach ausgezeichnet.

Gründer und künstlerischer Leiter von The Bakery (2006) und Ballet of Difference (2016). Ausgezeichnet mit dem New York Dance and Performance Bessie Award, dem deutschen Theaterpreis Der Faust, S.A.C.D. Prize, a Beaumarchais, dem Mouson Award, dem Münchner Tanzpreis, und dem Danza&Danza Award als Choreograph des Jahres 2017, wird Richard Siegal international geachtet für eine Vielzahl von Arbeiten wie Performances, Projekte mit Neuen Medien, Workshops und Veröffentlichungen. Er kreierte unter anderem für das Bayerische Staatsballett, GöteborgOperans Danskompani, Cedar Lake Contemporary Ballet, São Paulo Dance Company, Bodytraffic, Festival d’Automne, The Forsythe Company, Rencontres Chorégraphiques, Ircam, Centre Pompidou, YCAM, Tanz im August, Ballett Frankfurt, Danspace/NYC, Théâtre National de Chaillot, die Ruhrtriennale, Musiktheater im Revier Gelsenkirchen und das Schauspiel Köln.

Seine Arbeiten mit Live-Musik enstanden in Kollaboration mit Alberto Posadas (Glossopoeia), Diane Labrosse (Double Story), Lorenzo Bianchi (©oPirates, Homo Ludens, Black Swan, Three Stages), Eric-Maria Couturier (Op. Infinity, Homo Ludens), Wolfgang Zamistil (Homo Ludens, As If Stranger), Arto Lindsay (Muscle) und Hubert Machnik (Civic Mimic). Er arbeitet mit Architekten und Industrie-Designern wie Konstantin Grcic (UNITXT), François Roche (Civic Mimic), Didier Faustino (Still Life, The World to Darkness and to Me), Virginie Mira (Stranger Trilogy, Glossopoeia), Peter Zuspan (Multinatural (blackout), Muscle) und Alexander Kada (Venice Biennale of Architecture). Die Kostüme für seine Stücke entwarfen unter anderem die Stylistin Edda Gudmundsdottir, Modedesigner wie Bernhard Willhelm, Becca McCharen/Chromat und Marta Jakubowski oder die Kostümbildnerin Alexandra Bertaut. Richard Siegal war Artist-in-Residence am ZKM/Karlsruhe, Bennington College und an The Baryshnikov Arts Center, Festspielhaus St. Pölten und Muffatwerk/München. Von 2005 bis 2015 war er Associated Artist der Forsythe Company. Er ist ein MacDowell Fellow und Ehrenmitglied des Benois de la Danse des Bolshoi Ballet.

Über Richard Siegal / Ballet of Difference

Das ebenso mutige wie innovative Koproduktionsmodell von Richard Siegals Company basiert auf dem künstlerischen Austausch zwischen den beiden Kulturmetropolen München und Köln. Städteübergreifende und inklusive Projekte wie IF/THEN für Alle, Thought Tank und natürlich die Aufführungen der „regulären“ Ballettproduktionen finden deshalb wechselweise in Köln und in München statt. Im Mai 2017 gab Richard Siegal / Ballet of Difference sein Debüt mit dem dreiteiligen Abend My Generation im Rahmen des DANCE Festivals München 2017. Als einzigartige Vereinigung herausragender Solisten wurde die Truppe in ihren beiden Heimatstädten München und Köln, aber auch auf ihrer internationalen Tournee durch Österreich und Italien von Presse und Publikum gefeiert. Auch das zweite Programm On Body vom Februar 2018 bestand aus drei Stücken und erkundete weiter die Grenzlinien unserer sich so rapide wandelnden Gesellschaft. ROUGHHOUSE, die dritte Produktion von Richard Siegal / Ballet of Difference, hebt die Partnerschaft mit dem Schauspiel Köln auf eine neue Ebene. Erstmals treten die Tänzerinnen und Tänzer Seite an Seite mit Mitgliedern des Schauspielensembles auf.