„Mannheim wächst. Bilder einer Industriestadt“

„Mannheim wächst. Bilder einer Industriestadt“

Unbekannter Künstler: Benz Automobile Flugmotoren, 1915, Faksimile MARCHIVUM

Rauchende Schlote und Hafenkräne, der nächtliche Wasserturm von elektrischem Licht bestrahlt, Plakate für Benz Automobile und Werbung für Flugmotoren: In Ergänzung und Erweiterung der Großausstellung „Konstruktion der Welt. Kunst und Ökonomie“ präsentiert die Graphische Sammlung eine Ausstellung, die den Fokus auf Mannheim als Industriestadt lenkt. Kurator Dr. Thomas Köllhofer zeigt unter dem Titel „Mannheim wächst. Bilder einer Industriestadt“ (07. Dezember 2018 bis 10. März 2019) Zeichnungen, Druckgraphiken und Plakate vor allem aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aus den Sammlungen der Kunsthalle Mannheim und des Marchivum, die die Produktion, den Hafen und den Verkehr als Motoren der prosperierenden Wirtschaftsmetropole in den Mittelpunkt rücken.

Die Graphiken führen vor Augen, wie sehr die Eigenwahrnehmung Mannheims von einer dynamischen Industrie- und Großstadtästhetik geprägt war. Qualmende Schornsteine, Ladekräne, Eisenbahnschienen und Autobahn wurden zu Symbolen der Moderne. Das schlagkräftig gestaltete Plakat eroberte als optisch wirksamer Werbeträger den öffentlichen Raum. Eröffnet wurde die Ausstellung der Graphischen Sammlung der Kunsthalle Mannheim am Donnerstag, 06.12.2018, um 19 Uhr im Auditorium des Neubaus.

Die geographische Lage zwischen Rhein und Neckar ließ Mannheim seit dem frühen 19. Jahrhundert zu einem zentralen Verkehrsknotenpunkt mit einem der größten Binnenhäfen Europas werden. Auch nachdem Anfang des 20. Jahrhunderts der Rhein südlich von Mannheim schiffbar gemacht wurde, blieb die Stadt zentraler Umschlagplatz für Waren, die von der Küste in den Süden transportiert wurden. Unweit vom Hafen entstand ein zentraler Güter-Rangierbahnhof. Unter den Nationalsozialisten sollte von hier aus die erste Autobahnstrecke Deutschlands in Betrieb genommen werden. Bahn und Straßenverkehr sind die Bildthemen der damaligen Zeit. Den stärksten Nachhall in den Arbeiten der Mannheimer Künstler hat jedoch der Hafen mit seinen Wasserstraßen, Schiffen und Verladekränen gefunden.

Mit der Industrialisierung entstanden auch neue Druckverfahren, die eine preiswerte Herstellung von druckgraphischen Auflagen in bisher unerreichter Höhe ermöglichten. Seit Anfang des Jahrhunderts konnten Firmen auf diese Weise massenhaft mit Plakaten für ihre industriell erzeugten Serienprodukte werben. In den 1920er Jahren prägt eine produktbezogene Sachlichkeit mit klarer Typographie und die Fotomontage als modernes Stilmittel das Erscheinungsbild dieser Plakate. Rauchende Schornsteine werden zum Symbol einer prosperierenden Industrie mit Vollbeschäftigung und Wohlstand. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 wird die Sprache der Plakate martialischer. Diagonal in den Bildraum ragende Schornsteine erinnern an Kanonenrohre und bereiten die Bevölkerung auf den nahenden Krieg vor.

Rudi Müllers: Mühlauhafen, KauffmannMühle,
1930, Radierung
MARCHIVUM